Caracci , Annibale.
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noch eine Reihenfolge von Bildern in einem Kabinet desselben Palastes, in denen er
Herkules am Scheidewege, denselben, wie er die Welt trägt und wie er von seinen
Arbeiten ausruht; Amphinomus und Anapus, ihre Eltern aus dem brennenden Cntnnia,
rettend; Ulysses bei Circe; Ulysses und die Sirenen; Perseus, im Begriffe das Haupt
der Medusa vom Rumphe zu trennen (sämmtliche Bilder gest. v. N. Mignard) dar-
stellte. Während er sich sodann mit den Malereien im Pal. Farnese beschäftigte,
entstanden überdiess mehrere Altargemälde für verschiedene Kirchen Ronfs, u. A.
eine Himmelfahrt der Maria in einer Kapelle von S. Maria del Popolo (die drei Ge-
mälde am hinteren Tonnengewölbe derselben Kapelle wurden nach seinen Erfindungen
von seinem Schüler Innocenzio Tacconi ausgeführt); den heil. Gregor betend,
von einigen Engeln umgeben, in S. Gregcrio; die Mutter Gottes mit dem Leichnam
Christi nebst der h. Magdalena und dem h. Franciscus u. s.w. Auch führte er viele
andere Bilder aus der heiligen und Profangeschichte, aus der Mythologie und nach
eigener Erfindung, die sich in den verschiedenen europäischen Gallerien und Kabi-
netten befinden, aus.
Acht Jahre lang hatte sich Annibale mit den Gemälden im Pal. Farnese be-
schäftigt, auch unter der Zeit die Freude erlebt, seinen Oheim bei sich zu sehen, der
auf sein inständiges Ersuchen im Jahr 1602 nach Rom gekommen war, dem Neffen
bei seinen Malereien in allen nöthigen Sachen mit Rath und That treulich beige-
standen, ihm mehrere Bilder übergangen, auch Einiges eigenhändig selbst gemalt
hatte. Die Bilder des 90 Palm langen und 25 Palm breiten Saals dieser soge-
genannten Gallerie Farnese stellen Gegenstände aus der alten Mythologie, und zwar:
in der Mitte des Deckengewölbes den Triumph des Bacchus und der Ariadne; in zwei
Bildern zu beiden Seiten jenes Gemäldes: Pan, der die Wolle seiner Ziege der Diana
zum Opfer bringt, und Merkur, welcher dem Paris den Apfel überreicht. Die beiden
folgenden Darstellungen; Aurora mit dem von ihr geraubten Cephalus und Galathea
auf dem Meere" sind von Agostino (siehe diesen) gemalt. Unter die Hauptbilder
gehört ferner: Polyphem, welcher, um die Gunst der Galathea zu erwerben, auf
der Syrinx spielt und wie er dem mit der Galathea entfliehenden Acis ein Felsen-
stück nachwirft. Ueber diesen beiden Gemälden ist in zwei kleineren Bildern
Apollo, der den Hyacinthus raubt und die Entführung des Ganymed durch den
Adler Jupiters vorgestellt. In V18I' anderen ebenfalls kleineren Bildern sieht man:
Juno, die mit dem Gürtel der Venus geschmückt zu Jupiter kommt; Luna, die den
schlafenden Endymion umarmt; Herkules und Omphale; Anchises, die Venus von
dem Kothurn entkleidend. Die in acht Rundungen in Bronzefarbe gemalten Reliefs
zeigen folgende Gegenstände: Leander, zu der Hera schwimmend; Pan, der die
Syrinx verfolgt; Salmacis, den Hermaphrodit umarmend; Amor, einen Pan an einen
Baum bindend; Apollo, der den Marsyas schmdet; den Raub der Orityia durch Boreas;
Eurydice, die in die Unterwelt zurückgerufen wird und die Entführung der Europa
durch Jupiter. Die beiden grossen Gemälde an den schmalen Seitenwänden des
Saals stellen dar: Perseus, wie er den Phineus und seine Gefährten durch das Haupt
der Meduse in Steine verwandelt, und Perseus, wie er damit die Andromeda von dem
Meerwunder befreit. Ueber den Nischen und Fenstern sieht man in acht kleinen
Bildern: Arion, der von einem Delphin über das Meer getragen wird; Prometheus,
den von ihm gebildeten Menschen belebend; Hcrkules, den Drachen erlegend, der
die Aepfel der Hesperiden bewachte; Herkllles, den Prometheus befreiend; Icarus,
der in's Meer stürzt; die Entdeckung der Schwangerschaft der Calisto; die Ver-
Wandlung derselben in eine Bärin; Apollo, der aus den Händen Merkurs die Leyer
empfängt. Sodann über dem Eingang in einem kleinen sehr anmuthigen von Domini-
chino nach Annibale's Carton gemalten Bilde: ein Mädchen, das ein Einhorn, ein
Sinnbild des Farnesdschen Hauses liebkost. Endlich sollen die aus" zwei Amoren
bestehenden Gruppen an jeder der vier Ecken des Deckengewölbes in dem Kampfe
und der Vereinigung der irdischen und himmlischen Liebe die allegorische Bedeutung
des Cyklus der mythologischen Bilder des ganzen Saals versinnlichen.
" Abgebildet in den D enkmälern der Kunst. Atlas zu Kuglers Handb. der Kunstgesch. Taf. 94, Fig. i.
Müller, Künstler-Lexikon- 18