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Annibale.
Caracci ,
Manieristen in Mailand und Lorenzo Sabb atini und Fontana in Rom machten, öfter
zweifelhaft, ob der von ihnen eingeschlagene Weg in der Malerei auch der richtige
sei, bis endlich die von ihnen gestiftete Akademie siegreich durchdrang, ihren Ruhm
weiter verbreitete und ihnen immer mehr Zöglinge zuführte und Aufträge verschaffte.
In Gemeinschaft mit seinem Bruder und Oheim malte er sodann im Pal. Fava einen
Saal mit der Geschichte Jason's in 18 Bildern, in einem anderen kleineren daran-
stossenden, die Aeneide in 12 Bildern und in einem Kabinett einen Fries mit sehr
hübschen, mit der Fabel der Europa stafl-irten Landschaften. In einem Saal des Pal.
Magnani führte er hierauf, ebenfalls gemeinschaftlich mit Agostino und Lodovico,
die Geschichte von Romulus und Remus in 14 Bildern und einen mit den zierlichst-en
mythologischen Scherzen verzierten Fries aus. Mit diesen Gemälden begann für ihn
ein sich täglich erweiternder Wirkungskreis und er vollendete für seine Vaterstadt
und deren Umgegend eine Menge Bilder, unter denen vorzugsweise genannt zu wer-
den verdienen: die Malereien in den Kapellen Caprari und Angeletti; die Bilder in
einem Saale des_ Palastes Zampieri, die Apotheose des Herkules darstellend; ferner
mehrere Altargemälde in den Kirchen S. Pellegrino, Corpus Domini, S. Petronio,
S. Eligio , S. Lodovico, in der Certosa u. s. w. Ausserdem malte er für die Stadt
Reggio eine Himmelfahrt Maria, einen heil. Roohus, Almosen austheilend (in Kupfer
geätzt von Guido Reni) , eines seiner berühmtesten Gemälde (jetzt in der Dresdner
Gallerie); den h. Lucas und die h. Katharina, denen Maria mit dem Kinde erscheint
(1592 für die Kapelle de' Notaj im Dom von Reggio gemalt, jetzt im Louvre zu
Paris), ein trelfliches Bild , das in der Composition, in den Charakteren und Gewän-
dern den Correggio als Vorbild, in der Art des tiefen, warmen Helldunkels aber
mehr die bräunliche, tizian'sche Weise des Paolo Veronese zeigt, und eine Ma-
donna mit dem Kinde und Heiligen.
Durch solche erfolgreiche Wirksamkeit hatte sich Annibale's Ruf in der ganzen
Lombardei verbreitet und den Herzog von Parma veranlasst, ihn, aufAnrathen Lodo-
vic0's, seinem Bruder, dem Kardinal Odoardo Farnese, der seinen Palast in Rom mit
Bildern schmücken lassen wollte, zu empfehlen.
Annibale begab sich demzufolge im Jahr 1600 nach Rom und begann nun, nach-
dem er sich dem Kardinal durch ein Bild der heil. Katharina empfohlen hatte , seine
Thätigkeit. Er war ungemein rleissig und unter dem Eindruck der Antiken, der
Werke Michelangelo's und Raphaels entwickelte sich jetzt auch hier sein
Styl, der sich bis daher noch immer in den Reminiscenzen des Correggio und P.
Veronese bewegt hatte, zu jener Macht der Darstellung, welche die Elemente
jener grossen Meister und der Werke des klassischen Alterthums, wie er sie verstand,
zu vereinigen strebte. Durch das Studium dieser erhabenen Kunstmonumente er-
kannte er, dass zur Vollendung der Malerei noch etwas anderes gehöre, als Farbe,
Helldunkel und Harmonie die ideale Form, und in seinen Gemälden bemerkte 1113,11
fortan eine viel reinere und schönere Zeichnung, was auch sogleich auf seine Schüler
überging; denn diejenigen von ihnen, welche ihm nach Rom folgten und 1111011 Seillßm
Tode in dieser Stadt noch fortarbeiteten, zeichneten sich besonders dadurch vor denen
die in Bologna unter der Leitung seines Oheims zurückgeblieben waren, vortheil-
haft aus.
Das erste Bild, welches er in Rom malte, war ein Christus mit dem kananäischen
Weib für die Kapelle des Kardinals Farnese. Sodann iiberging er eine von seinem
Schüler Lucio Massari für einen Edelmann des Kardinals ausgeführte Copie eiIICS
seiner eigenen Gemälde im Dom zu Reggio, eine h. Margaretha, welche in der Kirche
S. Caterina dällfunari zu Rom aufgestellt wurde, und malte hernach in dem Giebelfelde
des nach seiner Zeichnung ausgeführten Tabernakels, welches jenes Gemälde um-
gibt, selbst eine Krönung der heil. Jungfrau. Indem er sich sofort anschickte,
die ihm aufgetragenen Gemälde im Pal. Farnese zu entwerfen, wurde er in den Er-
findungen derselben durch seinen wissenschaftlich gebildeten Bruder Agostino , den
er desshalb nach Rom berufen, und den gelehrten Prälaten Giov. Bat. Agucchi viel-
fach unterstützt. Ehe er aber Hand an deren Ausführung legte, malte er vorher