270
Agostino.
Caracci ,
dichterischen Geist in seinen Bildern; ihm fehlte das Feuer einer ursprünglichen
Eigenthümlichkeit.
Gemälde von seiner Hand sind selten. Ausser den bereits genannten Bildern
werden ihm in der Pinakothek zu München, sowie in der Gallerie des Belvedere zu
Wien je eine Darstellung der Stigmatisation des heil. Franz von Assisi; in der Samm-
lung des Fürsten Esterhazy zu Wien: die Communion des heil. Hieronymus und eine
Entführung der Galathea; im Louvre zu Paris: ein Herkules, der als Kind die
Schlangen erwürgt, zugeschrieben. Ferner sind von ihm: das Martyrium des heil.
Bartholomäus in der Gemäldesammlung des Herzogs von Sutherland in Staifordhouse;
eine Maria und das Christuskind reichen dem kleinen Johannes das Kreuz, in der
Bildergallerie des Grafen Carlisle zu Castle Howard, und wahrscheinlich auch: Christus
mit einem Engel der Jungfrau Maria erscheinend, im Fitzwilliam-Museum zu Cambridge.
Ausserdem glaubt man noch in den Uliizien zu Florenz, in den Studj zu Neapel, in der
Akademie zu Parma, in den Palästen Borghese und Sciarra zu Rom u.s.w. noch
einige kleinere Bilder von Agostino zu besitzen.
Als Kupferstecher war Agostino einer der grössten Künstler seiner Zeit. Er
war es, der zuerst unter seinen Landsleuten auf ein geregeltes Schraiiiren hinarbeitete
und einen festen und zugleich freien Grabstichel, mit einer kühnen, breiten Behand-
lung verband. Ja, er kann in Beziehung auf Italien wirklich der Schöpfer einer
neuen Stichmethode genannt werden. Denn sein Geschmack und seine vielseitige
Bildung hatten ihn, wie wenigstens aus den meisten seiner Blätter ersichtlich ist,
veranlasst, unter seinen Vorbildern eine bessere Wahl zu treffen, als seine Zeitge-
nossen; durch seine tüchtigen künstlerischen Studien hatte er sich eine sichere,
strenge und äusserst correkte Zeichnung angeeignet, die es ihm möglich machte,
wo es nöthig war, selbst die Umrisse der Originalien zu berichtigen und zu ver-
bessern; seine Uebungen im Modelliren bei dem Bildhauer Minganti hatten ihn
gelehrt, die Form nie aus dem Auge zu verlieren und durch die Werke des Nieder-
länders Corn. Cort, war er mit den Fortschritten der Kunst jenseits der Alpen,
mit jenem gewandten und kunstreichen Strich der Niederländer bekannt geworden.
So wandte er nun jene zur vollkommenen Technik ausgebildete Stichweise nicht mehr
ausschliesslich blos auf die Form an, wie die Marc Antonio'sche Schule, sondern
erweiterte selbst durch die Ausbildung des Schrailirens, der Strichlageverbindungen
und durch die Uebung, die Striche nach den Erfordernissen der zu stechenden Gegen-
Stände auf" s Mannigfaltigste zu schwingen , den Kreis der Wirksamkeit und die Auf-
gaben für die Kupferstecherkunst. Man kennt heut zu Tage eine ungleich höhere
Vollendung, als Agostino sie in seinen Kupferstichcn erreichte, eine verständigere
Behandlung des Stichs dürfte es aber kaum geben. Sie werden daher immerhin vor-
treifliche Studien in Bezug auf Strichanlagon, besonders in der Carnation, auf Stich.
arbeit und Zeichnung bleiben.
Agostino hat mehr als 270 Blätter gestochen, unter denen zu den gesuchtesten
gehören: die grosse Kreuzigung nach Tintoretto's berühmtem Bild in der Kirche
S. Rocco zu Venedig (1589), ein aus 3 Platten bestehendes Kapitalblatt; Aeneas
und Anchises, nach Baroccio (1598), eines der berühmtesten Blätter Agostinds;
Maria mit dem Kinde, von Magdalena und Hieronymus umgeben, nach Correggio;
die Versuchung des heil. Antonius, nach Tintoretto (1582); der hejL Hieronymus,
nach Demselben (1588); der Leichnam Christi, nach P3010 Veronese; die heil.
Jungfrau, das Killd all der 1311186, nach Ligozzi (1589); Bildniss des Kardinals
Karl Borromäus (1585); der heil. Hieronymus, nach Vanni; die Vermählung der
heil. Katharina, nach Paolo Veronese (1582); Titian Vecellus (1587); die heil.
Familie, die Jungfrau sitzend mit dem schlafenden Kinde auf dem Schoose; der heil.
Franciscus mit den Wundmaleu; Papst Innocenz IX.; der Gürtel des heiL Francis-
cus (1586); die Marter der heil. Justina, nach P. Veronese; die Anbetung der
Könige, nach Peruzzi (1579); die Anbetimg der Könige, nach Marco di Moro;
der heil. Franz in der Verzückung, nach Vanni, eines der vorzüglichsten Blätter