Caracci, Agostino.
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Rückkehr waren einige mit seinem Vetter und Annibale ausgeführte Friese im
Palast Fava, Scenen aus dem Leben des Jason darstellend. Sodann malte er eine
Tafel mit der Geburt Christi und zwei Propheten für die Kirche S. Bartolommeo di
Reno, eine Himmelfahrt Maria für S. Salvatoreund das viel gerühmte Abendmahl im
S. Michele in Bosco zu Bologna. Ausserdem führten die drei Caracci gemeinschaft-
lich noch mehrere andere Malereien in den Palästen Magnani, Tanara, Zampieri u.s.w.
zu Bologna aus. Von Agost-ino rühren in letzterem Palaste: der Raub der Proser-
pina und die Klage der Ceres, Herkules und Atlas, und Herkules und Cacus her. Als
hierauf die Karthäuser zu Bologna ein Gemälde verlangten und mehrere Maler ein-
luden , Zeichnungen dazu zu liefern , um die vorzüglichste auszuwählen und dem Ur-
heber die Ausführung zu übertragen, wurde Agostino in dieser Preisbewerbung sei-
nem Bruder Annibale vorgezogen, wodurch die Eifersucht des Letzteren auf den
Ruhm Agostinds so heftig entbrannte, dass er ihn unter allerlei Vorwand zu über-
reden suchte, in der Kupferstecherkunst fortzufahren und die Malerei aufzugeben,
eine Bitte, welcher dieser auch, vielleicht nur zu willfahrig, entsprach. Jenes Bild
ist die Communion des heil. Hieronymus, jetzt in der Pinakothek zu Bologna, ein
Gemälde, dem man zwar die Absichtlichkeit der Cornposition ansieht, das jedoch in
treHlicher Charakteristik durchgeführt ist und_ in der Ausführung des Einzelnen viel
Gutes enthält. Agostino griff also wieder zum Stichel und führte mehrere treff-
liche Blätter nach Gemälden von Tintoretto unter dessen eigenen Augen, andere
dagegen nach Bildern von P. Veronese, Baroccio, Vanni u. s. w. aus, die wegen
ihrer immer höheren Vollkommenheit immer grössere Bewunderung erregten. Die
Liebe zu seinem Bruder gab ihm jedoch , trotz aller bittern Erfahrungen über dessen
Künstlerneid gegen ihn, später abermals den Pinsel in die Hand. Annibale
hatte nämlich von dem Kardinal Odoardo Farnese den seinem Vetter Lodovico
zuerst angetragenen, von diesem aber ihm zugewiesenen grossen Cyklus von
Frescomalereien im Palast Farnese zu Rom übernommen und er bedurfte zu deren
Ausführung Agostimfs thätige Unterstützung. In Gesellschaft begaben sie sich
demnach beide nach Rom und unternahmen die Arbeit, Agostino malte die Galathea
auf dem Meere in Begleitung von Nymphen und Amoretten und Aurora, welche den
von ihr geraubten Cephalus auf ihrem Wagen umarmt, leistete auch seinem Bruder,
besonders was dichterische Ideen und die Eründung der Gemälde anbetraf, bedeutende
Hilfe. Da gewann in Rom das Urtheil immer mehr Verbreitung, die Gemälde
Agostinds seien anmuthsvoller und poetischer als die des Annibale. Diese Kritik
erbosste den letzteren abermals so_, dass er seinen Bruder unter dem Vorwand sein
Styl sei zwar elegant, aber nicht gross genug, von der Arbeit entfernte. Agostino,
innig bewegt wegen der neuen Trennung von Annibale, verliess Rom, seinem
Bruder den Kranz der Ehre , an Welchem ihm ein So grosses Theil gebührtc, allein
überlassend , aber die Abreise ging ihm unendlich zu Herzen. Er verlor die heitere
Stimmung des Geistes, die ihn stets begleitete, und erlangte sie nicht wieder. Auf
die Empfehlung des Kardinals Farnese begab er sich an den Hof des Herzogs Ra-
nuccio von Parma. Das erste Bild, das er dort malte , war das Porträt des Herzogs
in kriegerischer Kleidung. Ihm folgte ein anderes Bildniss seines Mäcens, aber
in betender Stellung in einem Votivbild, das man lange Zeit in der Kirche Madonna
di Ronciglione sah. Darauf führte er im Palazzo del Giardino für den Herzog einige
Frescobilder, die himmlische, die irdische und die käufliche Liebe aus, er konnte
dieselben jedoch nicht mehr zu Ende bringen, denn der Tod übereilte ihn, als sie bis
auf eine Figur fertig waren, die auch auf Befehl des Herzogs nicht mehr ergänzt
wurde.
Agostilw Caracci hat im Ganzen wenig gemalt, aber sein Colorit zeichnet sich
vor dem seines Bruders und Oheims durch Heiterkeit und blühendere Frische aus.
Wenn schon an natürlichem Talent und Reichthum der malerischen Erfindung dem
Annibale nachstehend, war er doch ein noch feinerer Zeichner, auch besass er
einen gcwähltcren Geschmack. Obgleich er Dichter war, ündet man jedoch wenig
" Abgebildet in den D enkmälern der Kunst. Atlas zu Kuglers Handb. der Kunstgesch. Taf. 94, Fig. 1.