262
Canova.
Rezzonico auf einer Reise durch Deutschland, hielt sich nach seiner Rückkehr einige
Zeit im Venetianischen auf, beschäftigte sich hier mit der Malerei, der er sich von
Jugend an in seinen Musestunden gewidmet hatte, und malte für die Kirche
seines Geburtsorts ein Altarbild, den todten Christus mit Maria, Nikodemus und
Joseph, oben Gott Vater in einer Glorie darstellend. Hierauf ging er nach Rom und
führte hier seinen Perseus mit dem Haupte der Medusa aus (vom Papst Pius VII. ge-
kauft), eine Statue, die Canova's Ruhm mehr als alle vorhergehenden Werke erhöhte und
verbreitete, und während der Zeit, wo der Apoll von Belvedere entführt war, auf
dessen Platz und Fussgestell stand. Diese Arbeitist eine Nachahmung des Apollo,
jedoch ohne tiefere Bedeutung, ohne Einheit und bestimmten Charakter, aber von
ungemeiner Schönheit im Einzelnen, sowohl in den Formen als in der meisterhaften
zarten Behandlung. Kurze Zeit, nachdem er von Papst Pius VII. zum Oberaufseher
aller römischen Kunstwerke und aller Kunstunternehmungen im ganzen Kirchen-
staate ernannt worden war, wurde er 1802 von Napoleon nach Paris berufen, um
das Modell zu einer kolossalen Bildsäule desselben zu fertigen. Er stellte ihn un-
bekleidet als lorbeerbekränzten Gott, in der Rechten die Viktoria. auf der Weltkugel,
in der Linken das Scepter, dar, und wusste im Kopf die Züge ebenso charaktervoll
aufzufassen, als denselben überhaupt im antiken Heldensinne zu idealisiren. Die
Statue wurde in Erz gegossen und in Marmor ausgeführt; die erzene befindet sich im
Keller des Pal. di Brera zu Mailand, die marmorne war im Besitz des Herzog von
Wellington in Apsleyhouse zu London. Sie ist in den Formen etwas plump und
schwer, und der Kopf in den Verhältnissen etwas zu klein. Bald nachher begann
er auch die Statue der Mutter Napoleons in einer Nachahmung der Agrippina im
Kapitol (im Jahr 1819 um die Summe von 36,000 Francs in den Besitz des Herzogs
von Devonshire gekommen). Die ganze Auffassung dieser trefflichen Figur ist un-
gleich einfacher und bequemer, als dies meist bei Canova's Werken der Fall ist. Der
Kopf, von naturwahrem Charakter und gutartig verständigem Ausdruck, ist, wie alles
Andere, mit dem grössten Fleiss vollendet.
Nach Napoleon's Sturz forderte Canova 1815 im Auftrage des Papstes die aus
Rom entführten Kunstwerke zurück, ging dann nach London, wo er mit Enthusiasmus
aufgenommen wurde, und kehrte 1816 nach Rom zurück, wo Pius VII. ihn durch
Eintragung seines Namens in das goldene Buch des Kapitels auszeichnete, ihn in
einem eigenhändigen Sendschreiben für "hochverdient um die Stadt Rom" erklärt-e
und ihn zum Marchese von Ischia mit einem jährlichen Einkommen von 3000 Scudi
ernannte. Trotz dieser ihm zu Theil gewordenen Ehren brachte er die letzten Jahre
seines Lebens nicht in Rom zu. Unter anderen Arbeiten hatte er nämlich nach
seiner Rückkehr eine Statue der Religion in kolossaler Grösse mit Kreuz und Schild,
auf welch letzterem die Apostel Petrus und Paulus im Relief angebracht waren , ge-
fertigt und dieselbe dem Papst als einen Beweis seiner unbegrenzten Ehrfurcht und
Dankbarkeit angeboten, um sie in einer der grössten Kirchen Ronfs aufzustellen.
Allein die Kardinäle waren dagegen. Empört über solche Behandlung, verkaufte
er alle seine liegenden Güter im römischen Gebiete, kehrte in seine Heimath zurück
und liess hier in seinem Geburtsorte durch den Architekten Selva einen grossartigen
Tempel bauen, in welchem nunmehr die Statue der Religion aufgestellt werden 5011m.
Den Hauptaltar Wollte er überdiess noch mit der Marmorgruppe einer Pieta zieren,
allein Canova hinterliess nur das Gypsmodell, wie er auch die Vollendung der Kirche
selbst nicht mehr erlebte. Seine sterblichen Ueberreste ruhen darin begraben. Zu
Venedig, wo er in den letzten Zeiten mit seinem Bruder, dem berühmten Abbe Ca-
nova, in innigster Eintracht gelebt und gestorben, wurde ihm 1827 in der Kirche
S. Maria dei Frari ein von Fabris, Ferrari, Rinaldi, Zandomeneghi und
J ac opo de' Martini ausgeführtes Ehrendenkmal errichtet. Das Denkmal, welches
Leo XII. Canova zu Ehren in der kapitolinischerl Biblißthek setzen liess, wurde im
Jahr 1833 enthüllt. Seine rechte Hand schenkte sein Bruder der Akademie der
schönen Künste zu Venedig, woselbst sie in einer Urne aufbewahrt wird.
Canova wurden schon bei Lebzeiten, ausser den erwähnten Auszeichnungen,