Volltext: A - E (Bd. 1)

Buon arotti , 
Michelangelo. 
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Gewande, indem sie sich zu den Begnadigten umwendet. Die Märtyrer zur Linken 
erheben die Werkzeuge und Zeugnisse ihrer Marter anklagend gegen die, welche 
ihnen den zeitlichen Tod gebracht und die Engel, Welche dieselben hier vom Ein- 
gange zum Himmel abwehren, vollstrecken das Rächeramtl Zagend und bang er- 
stehen die Todten, langsam und wie von der Schwere der irdischen Natur gefesselt, 
schwingen sich die Begnadigten zu den Seligcn empor. Die Verdammten werden von 
kämpfenden Engeln zurücl-tgedrängtr, von den sich an sie anklammernden bösen 
Geistern niedergerissen, eine grossartig dämonische Scene. Der Gegenstand der 
untern Hauptgruppe ist Dante's Hölle entlehnt. Hier werden die Verdammten von 
Charon zum jenseitigen Ufer des Acherongefilhrt. Ein Dämon jagt die armen Seelen 
mit erhobenem Ruder aus der Barke, sie werden von Dienern der Hölle in Empfang 
genommen und vor Minos, den Ilöllenrichter gebracht, der ihre Strafe nach Verhalt- 
niss ihrer Sünden bestimmt. Diese Auffassung des jüngsten Gerichts ist einseitig. 
Umsonst sucht man darauf, wie in andern Darstellungen verwandten Gegenstandes, 
nach jener ruhigen Glorie von Engeln, Aposteln und Heiligen, jener YVesen, Welche 
das Gepräge einer höheren Heiligung und Entäiusserung menschlicher Schwächen 
tragen, die Gestalt des Richters heben und mit ihrem wunderbaren Seeleuausdruck 
einen geistigen Nimbus um ihn bilden; wir sehen überall nur den Ausdruck eines 
mächtigen, gewaltigen Lebens menschlicher Leidenschaft, nackte Gestalten in allen 
Möglichkeiten der Bewegung, Stellung und Gruppirung, der Hauptgestalt Christus 
geht der Ausdruck göttlicher Majestät ab, und bei aller Grossartigkeit der Anordnung 
herrscht darin doch zu viel Willkürliches. Lässt man aber dieses Hervorheben eines 
einzelnen Moments des menschlich Bedeutsamen gelten , so findet man schon in der 
obern Hälfte des Bildes eine eigenthümliche, grosse Gesammtwirkung, die untere 
aber ist des höchsten Ruhmes würdig. Sie entwickelt ein Gemälde der menschlichen 
Leidenschaft in allen Stadien und Stufen, und zwar in jener erhöhten physischen 
Macht, in Welcher Michelangelo eine so ausserordentliche Meisterschaft entfaltetej 
Dabei herrscht aber in allen Gestalten, sowohl der Verworfenen als der höllischen 
Dämonen ein grossartiges ergreifendes Pathos  ein eigenthümlich tragischer Adel, 
so 'dass die Darstellung des Schrecklichen in jener wahrhaft sittlichen Reinigung 
erscheint, welche in dem Wesen des höheren Kunstwerks begründet ist. Die Nackt- 
-heit fast aller Gestalten des Bildes hat schon bei Lebzeiten des Künstlers Anstoss 
erregt. Papst Paul IV. wollte es herunterscläagen lassen, und unterliess es nur, 
weil Daniel da Volterra sich dazu herga , die aulfallendsten Blösen mit Ge- 
wändern zu bedecken, was ihm den Spottnnmen des Ilosenmachers zuzog. Auch 
später, im verllossenen Jahrhundert noch, wurden Gewänder über einzelne nackte 
Körpertheile gezogen, wodurch die KVirkung des Bildes mannigfach verkiimmert 
wird.  Michelangelo liess das jüngste Gericht (TV? Fuss hoch) durch Marcello 
Venusti für den Kardinal Ales. FarußSe (gßgenw. in den Studj zu Neapel) unter 
seinen Augen copiren. In neuerer Zeit (1836) ist von dem Franzosen Sigalon eine 
vorzügliche Copie davon gemacht worden, die sich in der Academie des beaux arts 
Zll Paris befindet. (Gestochen wurde das jüngste Gericht u. A. von G. GbiSi in 
11 Blättem; desgleichen von C. M. Metz in 15 Blättern; von de la Casa, in 4 
Blättern Longhi fertigte eine 34" hohe und 32" breite Zeichnung des Bildes, starb 
aber vor der Vollendung des Stichs.) 
Der Michelangelo zu gleicher Zeit bestellte Sturz Lucifers, zu dem er schon 
früher Zeichnungen entworfen, nach Welchen ein sicilianischer Maler, der Viele 
Monat? bfn ihm als Farbenreiber gedient, ein Gemälde in Fresco in der Kapelle S. 
Gregono in S. Trinita zu Rom ausgeführt haben soll, kam nicht zu Stande, dagegen 
ubertrug Ihm P5111511 Paul Ill. zwei andere Wandgemälde in der neuen nach ihm be- 
nannten, von An t. da Sangallo erbauten Capella Paolina im Vatikan. Er stellte in 
denselben dle Kreuzigung Petri dar, eine grossartig strenge Composition. und die 
Bekehrung des Saulus, worin man eine trelfliche Anordnung in den Gruppen und 
einige höchst würdige Gestalten bewundert; besonders aber werden die Gestalt Christi, 
der dem Saulus aus dem Gewitterglanze von Engelschaaren entgcgenstürzt- und der
	        
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