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Bartsch.
geschmack huldigenden Blätter in der von ihm wesentlich vervollkomnmeten Punktir-
rnanier einen sehr geschätzten Namen, Ehrenstellen und grossen Reichthunr erwarb.
Nachdem er mehr als 40 Jahre in England zugebracht, folgte er 1807 dem Ruf als
Direktor einer Maler- und Kupferstecherakademie zu Lissabon, wo er 1813 starb.
Bartolozzi war ein Kiüistler von Geist, Talent und grosser Geschicklichkeit, aber
durch die von ihm umfassend und einseitig eingeführte, einschmeichlerische und weich-
liche Punktirmanier, welche längere Zeit die gediegenere Stechweise zu verdrängen
drohte , von verderblichem Einfluss auf die Geschmacksbildung seiner Zeit. Die
Summe der von Bartolozzi gefertigten Stiche, zum Theil in beträchtlicher Grösse,
aber auch bis zu Begräbniss- und Visitenkarten herab, mit denen er sich, der Macht
des Goldes zulieb, abgab, beträgt über 2000. Zu seinen Hauptblättern zählt man:
Clytia, von der Sonne verlassen, nach Ann. Caracci; der Tod des Lord's Chatham
im Parlamentssaale, nach Copley; die Ehebrecherin vor Christo, nach Agost. Ca-
racci; die Beschneidung und Coriolan, nach Guercino; eine heil. Familie, nach
A. del Sarto; Maria Stuart und ihr Sohn, nach F. ZuccarorPenelope und Venus,
durch die Grazien geschmückt, nach Ang. Kaufmann; „La Silence du Carrache";
Eduard Lord Turlow, nach Reynolds; die Kaiserin Katharina II., nach Benedetti;
eine Apotheose auf Ludwig XVL, nach Hamilton; Madonna della Sedia, nach
Raphael; Venus, Cupido und Satyr, nach L. Giordano; der Kindermord, nach
Guido Reni u.s.w.
Bartsch, Adam von, geb. 1757 zu Wien, gest. zu Hietzing 1821 , ausgezeichnet
als Schriftsteller über Kupferstichkunde, wie als ausübender Kupferstecher, bildete
sich als Künstler in der Kupferstecherschule zu Wien unter dem berühmten S chmu tz e r,
und zu seiner eminenten Kennersehaft der Kupferstiche, bei seiner gründlichen Ein-
sicht in alle Theile der Technik, in seiner 1'781 erlangten Stellung als Custos der
dortigen ausgezeichneten Kupferstiehsannnlung aus , in welcher er mehreremale
Deutschland, Frankreich und die Niederlande durchreiste, überall die wichtigsten
Sammlungen einsehen und die vielseitigsten Erfahrungen sammeln, die gediegensten
Kenntnisse erwerben konnte. Die Früchte seiner Thatigkeit auf diesem Gebiete legte
er, ausser der gänzlichen Umgestaltung der k. Kupferstichsamrnlung und einem dazu
gefertigten kritischen Verzeichnisse, der Anordnung der in ihrer Art einzigen Samm-
lung des Herzogs Albert von Sachsen-Teschen , und mehreren Katalogen berühmter
Kupferstiehsammlungen, literarisch in folgenden Schriften nieder: Anton Waterlocfs
Kupferstiche, ausführlich beschrieben 1'795; Catalogue raisonne des estampes gra-
vees a l'eau forte par Guido Reni etc. Vienne1795; Catalogue raisonne des estampes
qui forment Poeuvre de Rembrandt etc. Vienne 1797-; Catalogue raisonne des
estampes qui forment Poeuvre de Lucas van Leyden 1793; Sodann in dem! Peintre
graveur, 21 vol. 1803-1821, dem Hauptwerk seines Lebens, in Welchem er mit kri-
tischem Raisonnement die gestochenen oder radirten Blätter aller Maler beschreibt, die
in diesem Kunstzweig Ausgezeichnetes geleistet, und in der kurz vor seinem Tode
erschienenen: Anleitung zur Kupferstiqhkundg, Auch besorgte er die Herausgabe
der alten vier, die Person und Familie Kaiser Maximilians verherrlichenden Holz-
schnittwerlae des Albrecht Dürer und H. Burgmayer: des Triumphs Kaiser
Maximilians, der Ehrenpforte, des Weiss Kunig und der Bilder von Heiligen aus der
Familie des Kaisers Maximilians. Als Kupferstecher zeichnete er sich durch die
treue YViederg-abe des Originals, durch geschmackvolle Verbindung der Nadel mit
dem Grabstichel und glänzende Effekte aus. Ausser den täuschend ähnlichen, den
ersten 5 Bänden des „Peintre graveur" beigegebenen Copieen nach den seltensten
Kupferstichen holländischer Meister, vielen Blättern von Thierstiicken nach H. R0 o s,
Potter, Rugendas rühmt man unter den über 500 van 511m gestochenen
Blättern: die Bestürmuxig von Oczakow, nach Casanova; die Rückkehr des ver-
lorenen Sohns, im Geschmacke Rembrandts; den heil. Philippus , der den Ver.
schnittenen tauft, nach Dietrich; Titus Manilius und das triumphirende Rom, nach
ärllb 1:118. Sein Sohn Friedr. v. Bartsch lieferte ein vollständiges Verzeichniss seiner jvg
er e.