Volltext: Die textile Kunst für sich betrachtet und in Beziehung zur Baukunst ; mit 125 in den Text gedr. Holzschn. und 15 farb. Tondrucktaf (Bd. 1)

Textile Kunst. 
Die Decke. 
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scheinen Störungen der Flächenoontinuität, wo die materielle Be- 
stimmung der Decke es dringend erheischt, dass sie nicht bloss 
Fläche (surface), sondern ebene Fläche (plan) bilde. Ich führe 
zur Erläuterung des hier nackt hingestellten Prinzipes" nur ein 
Beispiel auf, es mir vorbehaltend, in der technisch-geschichtlichen 
Behandlung des uns hier beschäftigenden Gegenstandes, die zu- 
nächst folgen wird, dessen Gültigkeit als Norm nachzuweisen, aber 
zugleich die Fälle zu berücksichtigen, wann Beschränkungen und 
Ausnahmen in seiner Anwendung stattfinden dürfen oder es sich 
wohl gar in negativem Sinne geltend macht. 
Es gibt wohl keinen Fall, in Welchem dieses Prinzip schla- 
gender in seiner vollen Gültigkeit hervorträte , als bei den mit 
Teppichen bekleideten oder mit Marmor und Holz getäfelten, oder 
endlich mit buntem Mosaikwerke belegten Fussböden. Hier auf 
der Ebene, Welche bestimmt ist, beständig betreten zu werden, 
sind alle architektonischen Relief-Ornamente, alle Nachahmungen 
von Früchten, Muscheln und sonstigem Gebröckel, sind selbst hin- 
gestreute Blumenbouquetslgenau genommen um so unpassender 
angebracht, je vollendeter und naturgetreuer sie in Relief und 
Farbe wiedergegeben erscheinen. Das asaroton oecos des Sosus, 
der berühmte attalische Mosaik-Fussboden, auf welchem nach 
Plinius die Abfälle der Tafel täuschend nachgebildet waren, ist 
sicher ein stilfehlerhaftes Werk gewesen, so gross auch seine Ver- 
dienste als Kunstwerk sein mochten. Dennoch lässt sich dieser 
humoristische Einfall leichter entschuldigen, als das Mosaikbild, 
das Plinius gleichzeitig erwähnt und das Wunderbarer Weise bis 
zu uns gekommen ist, nämlich die berühmten Tauben, welche aus 
dem Wasserbecken trinken, die in denselben Fussboden eingelegt 
waren und denen man somit unausgesetzt unbarmherzig auf den 
Kopf trat. Nicht gerechtfertigter ist in stilistischer Beziehung der 
berühmte F ussboden mit der Alexanderschlacht, sind selbst gewisse 
in den römischen und altchristlichen Mosaikböden oft vorkommende 
Combinationen buntfarbiger Steine, die sie rauh und gleichsam 
zackig oder gewölbt erscheinen lassen, welches zur Folge hat, das 
Gefühl der Unsicherheit durch jene Scheinhindernisse des Bodens 
bei dem darauf Wandelnden zu erwecken und das Auge zu zwingen, 
sich stets auf den Boden zu senken. Indessen muss zu der Ent- 
schuldigung der Architekten des römischen Alterthums beigefügt 
werden, dass sie in der Regel derartigen Sujets, wie der Alexander-
	        
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