Textile Kunst.
Die Decke.
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scheinen Störungen der Flächenoontinuität, wo die materielle Be-
stimmung der Decke es dringend erheischt, dass sie nicht bloss
Fläche (surface), sondern ebene Fläche (plan) bilde. Ich führe
zur Erläuterung des hier nackt hingestellten Prinzipes" nur ein
Beispiel auf, es mir vorbehaltend, in der technisch-geschichtlichen
Behandlung des uns hier beschäftigenden Gegenstandes, die zu-
nächst folgen wird, dessen Gültigkeit als Norm nachzuweisen, aber
zugleich die Fälle zu berücksichtigen, wann Beschränkungen und
Ausnahmen in seiner Anwendung stattfinden dürfen oder es sich
wohl gar in negativem Sinne geltend macht.
Es gibt wohl keinen Fall, in Welchem dieses Prinzip schla-
gender in seiner vollen Gültigkeit hervorträte , als bei den mit
Teppichen bekleideten oder mit Marmor und Holz getäfelten, oder
endlich mit buntem Mosaikwerke belegten Fussböden. Hier auf
der Ebene, Welche bestimmt ist, beständig betreten zu werden,
sind alle architektonischen Relief-Ornamente, alle Nachahmungen
von Früchten, Muscheln und sonstigem Gebröckel, sind selbst hin-
gestreute Blumenbouquetslgenau genommen um so unpassender
angebracht, je vollendeter und naturgetreuer sie in Relief und
Farbe wiedergegeben erscheinen. Das asaroton oecos des Sosus,
der berühmte attalische Mosaik-Fussboden, auf welchem nach
Plinius die Abfälle der Tafel täuschend nachgebildet waren, ist
sicher ein stilfehlerhaftes Werk gewesen, so gross auch seine Ver-
dienste als Kunstwerk sein mochten. Dennoch lässt sich dieser
humoristische Einfall leichter entschuldigen, als das Mosaikbild,
das Plinius gleichzeitig erwähnt und das Wunderbarer Weise bis
zu uns gekommen ist, nämlich die berühmten Tauben, welche aus
dem Wasserbecken trinken, die in denselben Fussboden eingelegt
waren und denen man somit unausgesetzt unbarmherzig auf den
Kopf trat. Nicht gerechtfertigter ist in stilistischer Beziehung der
berühmte F ussboden mit der Alexanderschlacht, sind selbst gewisse
in den römischen und altchristlichen Mosaikböden oft vorkommende
Combinationen buntfarbiger Steine, die sie rauh und gleichsam
zackig oder gewölbt erscheinen lassen, welches zur Folge hat, das
Gefühl der Unsicherheit durch jene Scheinhindernisse des Bodens
bei dem darauf Wandelnden zu erwecken und das Auge zu zwingen,
sich stets auf den Boden zu senken. Indessen muss zu der Ent-
schuldigung der Architekten des römischen Alterthums beigefügt
werden, dass sie in der Regel derartigen Sujets, wie der Alexander-