Volltext: Die textile Kunst für sich betrachtet und in Beziehung zur Baukunst ; mit 125 in den Text gedr. Holzschn. und 15 farb. Tondrucktaf (Bd. 1)

Einleitung. 
ich glaube, in seiner vollen Wichtigkeit und Bedeutung noch nicht 
richtig erkannt worden ist. Es darf hier, natürlich vorerst nur 
andeutungsweise, an den merkwürdigen Ptahlbau der Finnen an 
den Ufern der Schweizer Seen, an die rathselhaften Steinkonstruc- 
tionen auf den Heiden des westlichen Europa (vielleicht irrthüm- 
lieh den Kelten zugeschrieben), an die atriale Einrichtung der 
skandinavischen Festhallen, an die mit Teppichen und farbigen 
Reliefs geschmückten Tempel der Obotriten zu Rhetra am Tollenzer 
See und den nicht minder wunderbaren Tempelbau zu Upsala, so 
wie an die buntfarbig verzierten und mit reichem Holzsehnitzwerke 
ausgestatteten Rhatischen Hütten erinnert werden. Desgleichen 
erwähne ich jenes an irischen Schmucksachen sowie an skandina- 
vischen Holzschnitzwerken fast in gleicher Weise hervortretende 
seltsame Prinzip der Ornamentation, das in seinem Sclilangenge- 
wirre gleichsam urweltlich und finster chaotisch erscheint, in dem 
Zeitalter Karls des Grossen mit den antiken, d. h. gräkoitalisehen 
ornamentalen Formen in Confliet geräth und sich mit ihnen zu 
neuen Verbindungen einigt.  
S0 geben sich die anscheinend ursprünglichsten socialen For- 
men als dureh Naturereignisse oder politische Katastrophen von 
früher bestandenen grossen Kulturstöeken abgerissene Bruchstücke, 
gleichsam als erratische Blöcke zu erkennen und umgekehrt, zeigt 
sich irgendwo auf dem für uns übersehbaren Felde der Kultur- 
geschiehte das Phänomen des Zusammcntretens neuer socialer 
Formen, so bestehen sie aus Bruchstücken der bezeichneten Art, 
die irgend ein Naturereigniss, am häuiigsten aber das Bedürfniss 
der Vertheidigung und gemeinsam gehegte Gier nach des reichen 
Nachbarn Eigenthum zusammcnkittetc und deren jedes seinerseits 
wieder ein Conglomerat oder eine Fusion der heterogensten Ucber- 
bleibsel noch älterer und lange zerstörter Formationen der Ge- 
sellschaft ist. 
Ohne diese Voraussetzung gewisser in dem Bewusstsein der 
rohesten Stämme fortlcbcnder Reminiscenzexi aus früherer staat- 
licher Existenz würde das urplötzliche Entstehen neuer Gesell- 
schaftsformen, wie sie die Geschichte aufweist, gar nicht erklär- 
lieh sein.-  
Wenn diess sich so verhält, und alles spricht dafür, so ist es 
vergeblich, auf dem Boden der alten Welt die Gesellschaft in 
ihren ersten Bildungsprocessen belauschen zu wollen, unmöglich die
	        
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