Volltext: Die textile Kunst für sich betrachtet und in Beziehung zur Baukunst ; mit 125 in den Text gedr. Holzschn. und 15 farb. Tondrucktaf (Bd. 1)

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Viertes 
Hauptsti 
ick. 
er durchschaute, wollte sie sich unterwürfig, wollte ihren Geist 
zu der Verjüngung [des weltlichen Kaiserthumes sich dienst- 
bar machen, welcher grossartige Plan durch die Schuld seiner 
Nachfolger, vielleicht auch durch die unbezwingliche Gewalt 
der Verhältnisse, für die beste westliche Hälfte des Reiches 
vereitelt wurde. Hier im Westen betrat die neue Weltherr- 
sehaftsidee, die spiritualistische Roma, nach vielen Wechselfällen 
und Kämpfen wirklich das Erbe des Reiches, zog sie in das 
Haus der Cäsaren nicht als Sklavin (wie im Osten), sondern 
als Herrin. WVie sie sich in diesem Erbe einrichtete, wie der 
Spiritualismus, gemäss der Lehre von der Kreuzigung des Flei- 
sches, in welcher zugleich eine Anerkennung dessel- 
ben enthalten ist, das struktive, technische, materialistische 
Prinzip der spätrömischen Architektur in seinem neuen stotiika- 
steienden Sinne symbolisch aufnahm und bis zur letzten Üonsequenz 
diese Richtung verfolgte, wie die römische Basilika sich in den 
Gurtgewölbe tragenden Pfeilerbau der gothischen Kathedrale meta- 
morphosirte, diess sind wichtige Momente der Stilgcschichte, die 
mehr in einen anderen Abschnitt derselben gehören. 
Doch hatte die Wand noch bis zu Ende des 12. Jahrhunderts ihre 
antike Bedeutung als Raumesabschluss behalten, und obschon sie 
Gewölbträgerin und Gewölbstütze geworden war gab sie diese 
ihre mechanischen Funktionen noch eigentlich nicht kunstsymbo- 
lisch zu erkennen, sie verrichtete diese Dienste gleichsam ver- 
stohlen, und das uralte indogermanische Symbol des Dachstützens, 
die Säule, blieb noch immer scheinbar die Trägerin des gewölb- 
ten Deekenzeltes. So behielten Wand und Deckengewölbe durch 
das ganze romanische Mittelalter hindurch die alttraditionelle for- 
male Bedeutung als Raumabschluss und Decke, wurden sie 
als solche nach dem Bekleidungsprinzipe und den Grundsätzen 
des Alterthums architektonisch charakterisirt; ja es zeigt sich so- 
gar während dieser Periode, vielleicht in Folge byzantinischer, 1 
oder vielmehr unmittelbar orientalischer, Einflüsse auch im west- 
lichen Europa ein Wieder-verlassen des für die altrömisclten Werke 
' ' Es ist bedenklich die im frühen Mittelalter im YYvsten vorherrschende 
Vorliebe für Inkrustation der Architekturtheile byzantinischen Einflüssen zu- 
zuschreiben, da gerade die alten byzantinischen Denkmäler, die Sophienkirche 
z. B. und Reste des alten Kaiserpalastes äusserlich gar nichts dem Aehn- 
liebes zeigen, sondern vielmehr struktiv gehalten sind.
	        
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