Textile Kunst.
Römer als Welteroberer.
Die
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als auf die eigentlichen Farben dieser circumlitio, deren Ueber-
reste ohnediess nicht hinreichen um das ganze System der
Polychromie welches bei diesem Monumente in Anwendung
kam wieder herzustellen. Wo immer man irgend ein antikes
Werk aus weissem Marmor, sei es Skulptur oder Architektur,
das noch einigennassen äusserlich seine Integrität behielt, etwas
näher untersucht, findet man Spuren desselben resinösen Üeber-
zuges, dessen Vorhandensein sich unmöglich überall aus zufälligen
Ursachen erklären lässt. Dieser Ueberzug ist an einigen Stellen,
namentlich an dem Nackten der Figuren und an den Haupt-
ilächen der konstruktiven architektonischen Theile, nämlich an den
Säulenschäften, an den Architraven und an der hängenden Platte,
transparent und ohne messbare Dicke; an den Gewändern jedoch,
an gewissen ornamentirten Theilen, sowie an den Wandilächen,
ist er opak, (welche Opacität in gewissen Fällen durch Zusatz von
Gyps oder Kalk, in anderen durch den der Fritte oder sonstiger
opaker Farbstoffe zu der Wachsmasse erreicht wurde) und ziem-
lich dick, gleichsam ernailartig, aufgetragen. Bei dem Nackten und
überhaupt bei allen Theilen wo die Weisse des Marmors wirken
sollte wurde diese dennoch vorher durch eine Beize (ßoecpii) ge-
brochen und nach Umständen gefärbt, worauf hernach der farb-
lose Wachsüberzug erfolgte, nach dem von Vitruv (VII. cpt. 9.)
angegebenen Prozesse, welcher Autor deutlich zu verstehen gibt
dass nur das Nackte der Marmorstatuen (also nicht die Beklei-
dung) auf diese Weise behandelt wurde. Diese Kausis, dieser
durchsichtige Wachsüberzug, ist wohl zu unterscheiden von der
dicken enkaustischcn mosaikartigen Malerei, in welche die cir-
cumlitio im Ornamentalen überging und wovon sich, nach meinem
am Theseustempel und an den Figuren des Parthenon angestell-
ten Beobachtungen wiederum die ganz opake kalkhaltige Malerei
der Gewänder jener Figuren unterscheidet. Die Vergoldung
wurde auf eine rothe Bolusmordente oder auf Goldocker gelegt
und hernach nochmals mit Hülfe der Enkausis fixirt und gegen
die Einflüsse des Wetters geschützt. Diess sind in kurzer Angabe
die Resultate meiner Beobachtungen bezüglich dieses materiellen
Theiles der Frage über Polychromie auf weissem Marmor bei den
Alten, die mit den darauf hinweisenden Stellen der alten Schrift-
steller vollkommen übereinstimmen. Ueber andere dieselbe Frage
betreffende Punkte wird noch in dem Schlussparagraphen dieses