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Hauptstück.
Viertes
Man sieht hier den Gegensatz der alten griechischen Poly-
chromie, die den Stein als Stück Mauer nicht hervortreten lassen
will, die ihn desshalb durch Malerei verhüllt, wi-iihrend hier gerade
das Umgekehrte erzweckt, der Stein durch Malerei und andere
Mittel geflissentlich in seiner Materie und in seiner struktiven
Thätigkeit als Füllung und sogar als Quader hervorgehoben und
ausgezeichnet wird.
Auch ohne diese sehr interessanten aber stets missverstandenen
Nachrichten würden die Monumente aus der Zeit wie römische Bau-
weise die überall herrschende geworden war über die wichtigen Ver-
änderungen in der Dekoration, von denenijene Nachrichten sprechen
und die das Prinzip des Bauens im Allgemeinen sehr nahe berühren,
keine Zweifel gestatten. An allen Tempeln und sonstigen Monu-
menten römischer Kaiserzeit tritt der Quaderschnitt und die scharf
markirte winkelrecht vertiefte Steinfuge uns als wichtigstes dekora-
tives Element entgegen, das sogar, (zwar im Anfang nur zufällig
bei unfertig gelassenen Bauwerken, wie an dem Amphitheater zu
Verona,) sich auf das eigentliche Säulengerüst und die Gebalke
ausdehnt, Während bei früh-italischen und griechischen Tempeln
aus guter Zeit das Mauerwerk oder gar das Gefüge der Quader
an den Säulen und Gebälken nirgend erscheint und architek-
tonisch wirkt. Zugleich bemerken wir an allen mit Quadraturen
verzierten Wänden zu Pompeji, wo sie äusserlich und innerlich
derartig dekorirt vorkommen, eine gerade hier besonders lebhafte
Polychromie, bestehend in der Nachahmung bunt mit einan-
der abwechselnder Marmorquader sowie in der farbigen Aus-
zeichnung der Fugen. Wir dürfen überzeugt sein, dass ehemals
die Tempel die jetzt als Ruinen farblos sind, mit Einschluss der
Tempel und Monumente aus weissem Marmor, an den betreffen-
den Stellen eben so farbig dekorirt waren.'
Der weisse Marmor durfte nach der neuen polylithen
römischen Baukunst als weisses Element des poly-
lithen Systemes in seiner Naturfarbe bleiben. Diese
veränderte sich aber schon durch die auch von den Römern für
alle Marmorsorten beibehaltene Circumlitio, und ausserdem war
der weisse Marmor als solcher nicht mehr hoch geachtet, (wie
aus des Plinius Mittheilungen über den Säulenluxus der Römer
1 Hierzu gehört der Farbendruck Tab. XV, die Dekoration eines pompsia.
mischen Atrium vorstellend.