Textile Kunst.
als
Die Römer
Welteroberer.
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den verderblichen Einfluss der asiatischen Hohlheit und Ueber-
treibung auf athenische Redekunst beklagt hat. (Vergl. für das
Vorhergegangene die beiden Tondrücke Tab. XIV und Tab. XV.
Bei alledem hatte Vitruv viel weniger Ursache, diese Wieder-
aufnahme der antiken Wandmalerei zu beklagen, wenn sie schon
zu sehr den Modeeinllüssen der Zeit nachgab, als die bereits er-
wähnte zweite orientalische Neuerung, nämlich die polylithe Wand-
bekleidung; diese wurde ungefähr gleichzeitig oder etwas später
Mode und trat zuerst in Verbindung mit der phantastischen Wand-
malerei auf, hernach aber verdrängte sie den Mauerputz und die
von ihm unzertrennliche Polychromie mit Farben beinahe gänz-
lich, oder zwang sie doch in die Mosaikmalerei überzugehen,
um sich der ächten Marmorinkrustation mehr zu assimiliren.
Auch legt man in der That dem Vitruvius Dinge in den
Mund 1 die er nicht gesagt hat wenn man aus ihm herausdeutet
dass er die Wandmalerei im Allgemeinen für eine beklagenswerthe
Revolution in den Künsten gehalten habe, da er doch nur gegen
die bei ihrer Anwendung begangenen Excesse der Mode und
gegen den Unsinn der Maler, keineswegs aber gegen die Wand-
malerei als solche, sich ausspricht, so wenig wie Plinius diess
thut, der den Wiedererneuerer der Skenographie Ludius rühmend
erwähnt und dessen Dekorationsstil anmuthig und nicht theuer
findet. Dagegen erhebt sich der letztgenannte Schriftsteller mit
Eifer gegen die Verdrängung der Malerei durch das neu aufge-
kommene polylithe Dekorationsprinzip, welches letztere Vitruv,
ausser an der oben angeführten Stelle, wo' er dasselbe für das
älteste erklärt, ganz unberücksichtigt lässt, vielleicht weil es zu
seiner Zeit noch wenig eingeführt war, da es erst unter August,
wie wir sonst wissen, anfing sich zu verbreiten.
Der älteste Schriftsteller der über diesen polylithen Schmuck
der Wände Genaueres gibt ist Seneca, der den Aufwand seiner
Zeit in dieser Art der Wanddekoration dem gemeinen Mauerputze
der scipionischen Villa entgegenstellt. "Jetzt glaubt sich Jemand
tam magnae artis compendiariam invenit. Die Parallele zwischen der Dicht-
kunst und den bildenden Künsten der Römer ist interessant und lehrreich.
Auch jene bildete sich aus alexandrinischen Vorbildern heraus, die sie aber
neu zu beleben wusste. (K. F. Hermann's Kultnrgeschichte der Griechen und
Römer II, S. 137.)
' Letronne lettres d'un antiquaire 211 seq.