Volltext: Die textile Kunst für sich betrachtet und in Beziehung zur Baukunst ; mit 125 in den Text gedr. Holzschn. und 15 farb. Tondrucktaf (Bd. 1)

Textile Kunst. 
Die Römer als 
Welten-oberer. 
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über deren Giebeln zarte Blumen aus gesehnörkelten Wurzeln 
hervorwachsen und auf denen ganz unmotivirte kleine Figuren 
sitzen, mitunter auch Blumenkelche mit halben aus ihnen empor- 
keimenden Figürchen mit bald menschlichen bald thierischen 
Köpfen." Daran schliesst der Architekt seine bekannte Philippika 
gegen die Verkehrtheit dieses Geschmacks und die Anekdote 
von dem Apaturius aus Alabanda, der zu Tralles eine Scene in 
dem phantastischen von Vitruv gerügten Stile geschmückt hatte, 
aber denselben auf den Tadel eines Mathematikers Licinius später 
abänderteß 
Vorausgesetzt, V itruv sei bei dieser Uebersicht die er von der 
Geschichte der Dekorationsmalerei gibt nicht auf die heroischen 
Zeiten zurückgegangen, und habe nicht etwa an die Marmorinkru- 
stationen des Atridengrabes zu Mykenä oder dem Aehnliches ge- 
dacht, unter welcher Voraussetzung hernach eine Art von Rechtfer- 
tigung seiner Theorie möglich wird, ist dieselbe durchaus unrichtig. 
Die wahre Inkrustirungsmethode war während der hellenischen 
Kunstperiode vollständig in Vergessenheit gerathen, und auch von 
der Nachahmung von Marmorinkrustationen der Wände in Putz 
{indet sich weder an Monumenten noch in den erhaltenen Gräbern 
dieser Zeit eine Spur. Eben so War den Römern und Etruskern der 
Gebrauch des Marmors, selbst des eigenen lunensischen, bis auf 
die Zeit kurz vor dem Falle der Republik, zu konstruktiven und 
dekorativen Zwecken gänzlich unbekannt,  sie entlehnten ihn 
erst von den Griechen, und zwar, was wenigstens die Inkru- 
station der Wände und das aus ihrer Nachahmung entstandene 
Dekorationsprinzip mit farbigen Stuckfüllungen betrifft, von den 
Griechen alexandrinischer Zeit. 
Dieses uralt-barbarische, nach langer Vergessenheit durch 
asiatischen Einfluss auf griechisches Wesen wieder erneuerte, 
Prinzip der Dekoration verdrängte die Megalographie und Skeno- 
graphie der Polygnote und Agatharche, und verband sich mit 
dem Luxus der geraubten und eingeführten Kunstgegenstände, 
die in die Mauern eingelassen oder sonst wie dem architektoni- 
schen Verbande der räumlichen Dekoration einverleibt werden 
1 Es ist zu bedauern dass der Zeitpunkt nicht bekannt ist wann dieses 
geschah,  sicher aber in der späten alexandrinischen Periode,  vielleicht 
schon zu römischer Zeit. Für den lat. Namen Licinius will jedoch Letronne 
Lycinuß und Sillig Lioymnius lesen.
	        
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