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Kunst.
Römer.
Die
Frühe Zeit.
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Die Veranlassung ist günstig hier einer anderen allgemein
verbreiteten Ansicht entgegenzutreten, die in den sogenannten
WVan dsä ulen Spätgeburten der Baukunst und entartete Formen
erkennt, während sie gerade archaisch oder doch dem Alter-
thümlichen entsprechend (archaistisch) sind. Ich hatte schon
einige Male Gelegenheit auf das Alter des Gebrauchs die Säulen-
zwischenräume zu versetzen oder wenigstens zu vergittern l1inzu-
deuten, die römischen Arkaden sind nun eben von derselben
Seite aufzufassen, sind nichts weiter als durchbroehene Diaphrag-
men, (Zwerg- oder Quermauern) zwischen Säulenstellungen, wenig-
stens der Idee nach; sie reichen auch derselben Idee nach eigent-
lich nicht weiter hinauf als bis zur Kämpferhöhe, wodurch jener
römische Kämpferabschluss und gleichzeitig die Ausfüllung der
als ursprünglich leer zu betrachtenden Zwickel rechts und links
von dem Bogen mit Bildwerken (zumeist geflügelten oder doch
schwebenden Figuren) motivirt wird. Derselbe Kämpfer lauft
um die Zwischenwände der Säulen des choragischen Lysikrates-
monumentes zu Athen, und dort ist ebenfalls der (der Idee nach)
leere Raum über dem Kämpfer mit Bildwerken (Tripoden) be-
setzt. Ohne Zweifel wurde sowohl hier wie bei den römischen
Arkadenzwickeln durch hellere zumeist blaue Färbung der Hinter-
gründe der polychromen oder vergoldeten Bildwerke, wodurch
sie sich von den dunkler gefärbten unteren Wänden unterschie-
den, diese Idee noch mehr versinnlieht.
So aufgefasst zeigt sich nichts Müssiges, Fremdartiges oder
Gewaltsaines in dieser charaktervollen, kräftigen und zugleich
fügsam elastischen römischen Kombination, sondern die grösste
Logik imiEinzelnen wie in dem Ganzen, jeder Theil ist noth-
wendig und erklärt sich durch seine Bestimmung, durch seinen
Dienst, den er dem Ganzen leistet, mit einer Klarheit, die nicht
einmal an dem dorischen Tempel in gleichem Grade hervortritt.
Der Bogen selbst erhält, wo er als Architekturtheil in Ver-
bindung mit der Säulenordnung als Arkade benützt wird, nach
alter indogermaniseher Bautradition seine eigene Bekleidung, sein
Antepagment, aus Holz, Terrakotta oder Metall; dieses wurde
hernach in den Stcinßtil übersetzt und bildnerisch wiedergegeben.
Das Antepagment ist kein Architrav, sondern ein Rahmen, eine
Randbekleidung; wie sie bei den senkrechten Thürpfosten
aufrecht steht, und keinem einfällt diess "fast seltsam" zu finden,