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Viertes Hauptstück.
Diess sind zunächst und vor allem die alten gräko-italische Kunst-
traditionen, man möchte sie eben so wohl die indogermanischerl
nennen, das Gemeingut der Griechen und der Völker die nach
Italien zogen, v or ihrer nationalen Trennung, Traditionen, welche
die Italer länger und gleichsam buchstäblicher festhielten, welche
dagegen die feiner organisirten Griechen, (unter zuerst günsti-
geren Verhältnissen und' mancherlei Einflüssen von Seiten anderer
mehr oder weniger verwandter Völker, mit denen sie in Berüh-
rung traten zum Theil früher und freier weiterbildeten, zum
Theil, wie den Bogen; fallen liessen. Beide verwandte Stämme
hatten dieselben technischen Grundsätze und Methoden des Klei-
dens, der Töpferei, des Metallarbeitens, des Zimmerns und des
Steinkonstruirens; die häuslichen Einrichtungen waren ursprüng-
lich dieselben, dessgleichen viele architektonische Grundformen
und Kunstsymbole, die schon vor der Volkstrennung ihren Ab-
schluss erlangt hatten. Daher kommt es dass es für uns schwierig
ist im Einzelnen bestimmt zu entscheiden 0b gewisse römische
Motive, die auch griechisch sind, der alten gemeinsamen Tradition
angehören oder von Hellas eingeführt wurden, nachdem dieses
seine Kolonien nach Italien und anderen Westländern abgesetzt
und einen bedeutenden Handelsverkehr mit diesen eröffnet hatte.
Manche Anzeichen lassen aber vermuthen dass in den meisten
fraglichen Fällen die erstere Annahme das Wahre enthalte, und
dass die hetrurischen und römischen Modiiicationeix gewisser auch
bei den Griechen üblichen Formen die älteren Typen dieser
letzteren darstellen. 1 Auf anderen Gebieten, z. B. auf dem der
Mythologie und der Sagengeschichte, mag das Gleiche der Fall sein.
Ausser diesen altitalischen Kunsttraditionen und dem frühen
Uebergewichte das hellenische Bildung über den Geschmack der
italischen Völker gewonnen hatte sind als dritter Faktor der
den Baustil der späteren Weltbeherrschenden Roma entstehen
half die unmittelbaren ägypto-asiatischen Einwirkungen auf Sitte,
Lebensweise und Kunst der Römer, kurz vor und während ihrer
Universalherrschaft, zu bezeichnen; unmittelbar nur im Gegen-
satze zu den auch mehr oder weniger orientalisirenden Stammes-
überlieferungen, denn vermittelt waren diese Einflüsse schon
durch die griechischen Fürsten, welche bei ihren Städtegründungen
1 In
Stile der
dem 2teu Theile der Schrift, der das Allgemeinen-e in Beziehung auf
Baukunst enthält, wird die Durchführung dieser Bemerkung folgen,