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Hauptstück.
Viertes
Zeit die verfeinerte und durch höchste Kunst geadelte malerische
Ausstattung (circumlitio), Welche den ersten Meistern der Malerei
von den Bildhauern überlassen wird. 1 Wie weit man damit ging
beweist unter andern die Notiz wonach Skopas an seiner berühm-
ten Bacchantin deren glühendes Kolorit durch das bleifarbige todte
Fleisch der Hindin kontrastlich noch mehr hervorhob. 2
Noch jetzt erkennt man an den schönsten Statuen des voll-
endeten Stils, die unsere Museen schmücken, die schwachen
Spuren ihrer schnell vergebenden Bemalung, die gleich nach ihrer
Auffindung noch sehr deutlich hervortrat. 3 Die zarten Lasu-
ren des Nackteniverschwinden am frühesten, die Deckfarben
der Gewänder und die Vergoldungen des Haares und andrer
Theile halten sich längerß An den F riesfiguren des Theseus-
tempels fand ich in den_ Falten der Gewänder sehr frisches Rosa-
roth und Grün in undurchsichtigem dickem Auftrage; die Spuren
dieser Farben, den Körper derselben, sieht man sogar noch deut-
lieh auf den Elginmarbles im britischen Museum, sowie das Blau
in den Falten der-Karyatidc vom Erechtheum ebendaselbst.
Gleichzeitig schlägt die Vasenkunst eine ganz analoge Rich-
tung ein. "Die Töpferwaaren mit allerlei Farben in Wachs
bemalt" verdrängen die monochromen Urnexrdes früheren Stils.
An jenen hat sich die Wachsmalerei am vollständigsten erhalten
und sie bieten für die herrschende Polychromie der Zeit welcher
sie angehören dasselbe zuverlässige Analogon, wie letztere den
allgemeinen Stil der vorhergegangenen Kunst wieder mit Sicher-
heit erkennen lassen.
Wegen dieser merkwürdigen nahen Beziehungen zwischen der
Töpferei und der polychromen Architektur und in Berücksich-
1 Praxiteles wurde gefragt, welche von seinen Marmdrarbeiten er für die
gelungenste halte: diejenige, an welche Nikias die Hand angelegt hat, war
seine Antwort. So grossen Werth legte er auf dessen Farbengebung. Tan-
tum eircurxllitioni ejus tribuebat. Plin. XXXVI. 11 f. Ueber eircumlitio.
causis etc. vergl. Völkel Areh. Nachlass p. 79-96. 4
2 Callistratus Stat. II. p. 147. ed. Jacobs. Welker Syllug. p. 687.
3 Quatremere de Quincylim Jupit. Olymp. gibt über diese Farbenspnren
an Statuen eine ausführliche Notiz. Seitdem bringt fast jeder Tag neue Anzei-
chen der Allgemeinheit der Verbreitung der polychromen Plastik bei den Alten.
4 Ueber die Technik der Malerei an den Statuen und Bauwerken folgen
einige Bemerkungen in dem Hauptstiicke Keramik.
5 Köqlipux uzungoygaqzryyävu Zguipozuß nowroiotg. Athenaeus. Raoul
Roehette (peint. inädites) gibt über dieselben genaue Nachricht.