Kunst.
Texäile
Stil.
Vollendeter
461
Anders gefärbt waren die Säulen des Tempels zu Metapont,
die dem ernsten Kolorit der Terrakotten, womit die meisten
grossgriechischen und sicilischen Tempel älteren Stils geschmückt
waren, entsprechen mussten. Dieser ernstere und oligochrome
(sich innerhalb weniger Farbentöne bewegende) Stil der Wand-
dekoration wendet nicht das Roth sondern das Ockergelb als
Flächengründung an, 1 benützt jenes nur als belebendes Element
in der Farbenmusik und unterscheidet sich hiedurch prinzipiell
von einem anderen Stile, der in Kleinasien und Griechenland sehr
frühzeitig, wenigstens für Tempel und öffentliche Gebäude, herr-
schend war, bei dem das prachtvolle Roth, noch jetzt in einigen
Ländern des Orients z. B. in China die ausschliesslich den kaiser-
lichen Gebäuden und den Tempeln vorbehaltene Wandfarbe, die
Basis! des polychromen Systemes abgab.
Das Drachenblut, ein rothes Harz, was der Orient produ-
cirt und Indieum oder Cinnabaris hiess, wurde dabei benützt, um
die grösserenz Flächen damit zu färben, ihnen die ßaqni zu geben;
der Name Cinnabaris wurde aber später auch für diejenige Farbe
gebraucht, die wir jetzt Zinnober nennen, woraus schon im
Alterthume mancherlei Irrthümer und Verwechslungen hervor-
gingen. 3 Der Zinnober, minium bei den Römern, yilrogf bei
den Griechen, die aber darunter wie es scheint früher den Röthel,
die rubrica, verstanden, wurde an Monumenten früheren und bes-
seren Stils niemals in Masse und zum Gründen der Flächen ge-
braucht, sondern nur in denVerzierungen, was die Monumente
deutlich zeigen und was auch Vitruv in dem 5ten Kapitel seines
7ten Buches bestätigt. Erst mit der Zeit nach den punischen
Kriegen, wie die reichen Quecksilberbergwerke in Spanien exploi-
tirt wurden, die mit der Einführung griechischer Kunst in Italien
zusammenfällt, scheint der eigentliche Zinnober in grossen Massen
für Wanddekorationen von den Römern verbraucht worden zu sein.
1 Itaque antiqui egregia copia silis adpolitionem sunt usi. Vitr. VII. 7 Hn.
2 Mir scheint jedoch die auf den oben erwähnten altgriechischen Stucka-
turen erhaltene rothe Farbe rother Ocker (rubrica) zu sein; nur auf Marmor-
üächen kam das Drachenblut (eine durchsichtige Pßanzenfarbe) in Anwendung".
3 Plin. XXXIII. 7. (ed. Delechamp.) Dioscorid. 5. 109.
4 Die Miltos war nicht Mennig, sondern Zinnober; jenes Bleioxyd
hiess Sandaracha oder Sandyx und wurde theils gegraben theils künstlich ge-
wonnen. Vitr. VII. 7 u. 11. Plin. XXXIV. 18. XXXV. 6.