Volltext: Die textile Kunst für sich betrachtet und in Beziehung zur Baukunst ; mit 125 in den Text gedr. Holzschn. und 15 farb. Tondrucktaf (Bd. 1)

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Hauptstück. 
Viertes 
Inschrift ist der Stuckateur unmittelbar neben dem Maler aufge- 
führt. In einer andern Inschrift wird der Architekt eines Mu- 
seion, d. i. eines mit Mosaik gezierten Prunkraumes, neben dem 
Stuckateur genannt. 1 Nicht anders als gemalt sind die "über- 
tünchten" Gräber des Evangelisten zu fassen. Das siebte Buch 
des Vitruv enthält so viele unzweideutige Hinweise auf die Unzer- 
itrennlichkeit der expolitio und der dealbatio mit der Polychromie, 
dass man es hier fast von Anfang bis zu Ende citiren müsste. 2 
 Wenn Rochette, Ullrichs, Kugler und andere Gegner der Poly- 
chromie dessen ungeachtet noch immer das tectorium opus und 
die dealbatio buchstäblich als Weisstüncherei und die politio 3 als 
Politur im modernen Sinne dieses Worts verstanden Wissen 
wollen und Griechen wie Römern zutrauen, wessen nur letztere 
in! späterer Zeit fähig sein konnten, dass sie ihre Tempel 
und Monumente wirklich von Zeit zu Zeit neu weissen liessen, 
weil zuweilen von einer dealbatio derselben die Rede ist, so 
müssen dieselben Meister des klassischen Geschmacks auch un- 
sern Vätern die Palme dieser weissen Klassicität einräumen, welche 
mit ihren Maurerpinseln und Tüncheimern gegen die Polychromie 
des Mittelalters den grausamsten und leider erfolgreichsten Ver- 
nichtungskrieg geführt haben.  Allein das richtigere Verständ- 
niss ihrer Werke und ihrer Kunstausdrücke schützt die Alten vor 
dem Opprobrium welches dieser Vergleich, wenn er gegründet 
wäre, über sie bringen würde.  Ich wiederhole meine Behaup- 
tung  der antike Bewurf kann gar nicht getrennt von der 
Malerei gedacht werden, er ist die Basis, der eigentliche Körper, 
dieser letzteren, und zwar nicht nur in Beziehung auf Wand- 
dekoration und monumentale Polychromie, auch Holztafeln, Terra- 
kotten und viele andere Stoffe, die bemalt werden sollten, mussten 
vorher mit einer Koniasis (einem Leukoma) dazu präparirt werden; 
1 Meöüllog uozrs-ausvoifszo Movasiov Moimuog usuovlaus. vde. Rochette 
peintures antiques ined. S. 240 u. iiÄ, wo viele hierher gehörige Stellen citirt sind. 
2 Utinam dii immortales fecissent ut Lycinus revivesceret et corrigeret 
hainc amentiam tectorumque errantia instituta! sagt Vitruv bei Erwähnung 
der Excesse der Wanddekorationsmaler. (VLI. 5. 1.) In dem achten Kapitel 
desselben Buchs ist von einer expolitio minacea die Rede. 
3 Es ist unrichtig dass, wie einige gelehrte Nicht-Techniker behaupten, 
der weisse Marmor der Tempel Athens polirt gewesen sei, seine Oberüädhe 
Zeigt vielmehr eine sorgfältige letzte Ueberarbeitung, wobei absichtlich die 
Glätte der Politur durch die angewandten Mittel vermieden war.
	        
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