452
Hauptstück.
Viertes
Inschrift ist der Stuckateur unmittelbar neben dem Maler aufge-
führt. In einer andern Inschrift wird der Architekt eines Mu-
seion, d. i. eines mit Mosaik gezierten Prunkraumes, neben dem
Stuckateur genannt. 1 Nicht anders als gemalt sind die "über-
tünchten" Gräber des Evangelisten zu fassen. Das siebte Buch
des Vitruv enthält so viele unzweideutige Hinweise auf die Unzer-
itrennlichkeit der expolitio und der dealbatio mit der Polychromie,
dass man es hier fast von Anfang bis zu Ende citiren müsste. 2
Wenn Rochette, Ullrichs, Kugler und andere Gegner der Poly-
chromie dessen ungeachtet noch immer das tectorium opus und
die dealbatio buchstäblich als Weisstüncherei und die politio 3 als
Politur im modernen Sinne dieses Worts verstanden Wissen
wollen und Griechen wie Römern zutrauen, wessen nur letztere
in! späterer Zeit fähig sein konnten, dass sie ihre Tempel
und Monumente wirklich von Zeit zu Zeit neu weissen liessen,
weil zuweilen von einer dealbatio derselben die Rede ist, so
müssen dieselben Meister des klassischen Geschmacks auch un-
sern Vätern die Palme dieser weissen Klassicität einräumen, welche
mit ihren Maurerpinseln und Tüncheimern gegen die Polychromie
des Mittelalters den grausamsten und leider erfolgreichsten Ver-
nichtungskrieg geführt haben. Allein das richtigere Verständ-
niss ihrer Werke und ihrer Kunstausdrücke schützt die Alten vor
dem Opprobrium welches dieser Vergleich, wenn er gegründet
wäre, über sie bringen würde. Ich wiederhole meine Behaup-
tung der antike Bewurf kann gar nicht getrennt von der
Malerei gedacht werden, er ist die Basis, der eigentliche Körper,
dieser letzteren, und zwar nicht nur in Beziehung auf Wand-
dekoration und monumentale Polychromie, auch Holztafeln, Terra-
kotten und viele andere Stoffe, die bemalt werden sollten, mussten
vorher mit einer Koniasis (einem Leukoma) dazu präparirt werden;
1 Meöüllog uozrs-ausvoifszo Movasiov Moimuog usuovlaus. vde. Rochette
peintures antiques ined. S. 240 u. iiÄ, wo viele hierher gehörige Stellen citirt sind.
2 Utinam dii immortales fecissent ut Lycinus revivesceret et corrigeret
hainc amentiam tectorumque errantia instituta! sagt Vitruv bei Erwähnung
der Excesse der Wanddekorationsmaler. (VLI. 5. 1.) In dem achten Kapitel
desselben Buchs ist von einer expolitio minacea die Rede.
3 Es ist unrichtig dass, wie einige gelehrte Nicht-Techniker behaupten,
der weisse Marmor der Tempel Athens polirt gewesen sei, seine Oberüädhe
Zeigt vielmehr eine sorgfältige letzte Ueberarbeitung, wobei absichtlich die
Glätte der Politur durch die angewandten Mittel vermieden war.