Kunst.
Textile
Alt-Hellenisches.
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dung, die der des gebrannten Thones vorangehen musste, da
dieser selbst niemals ohne Stuckbekleidung auftritt. Die Stuck-
bekleidung, novfrzoig, dealbatio, expolitio, opus tectorium, wurde
schon oben als eine der frühesten, allen Völkern der alten und
selbst der neuen Welt vererbten, technischen Traditionen bezeich-
net. Dieselbe ist so eng verknüpft mit der Entwicklungsgeschichte
auch des hellenischen, überhaupt des gräko-italischen, Baustiles
dass ich nochmals mit einiger Ausführlichkeit darauf zurückkom-
men zu müssen glaube. Zu den vielen irrthümlichen Ansichten
die in der Kunstarchäologie verwalten gehört auch diejenige, wo-
nach der Gebrauch des Bekleidens der Baustoffe mit Stuck (oder
Mörtel) nur aus der Absicht hervorgegangen sein soll, die Un-
scheinbarkeiten und Rauheiten oder sonstige Mängel dieser
Stoffe zu verstecken, denselben mehr Dauer zu verschaffen, und
wohl gar ein besseres Material, z. B. den weissen Marmor, damit
naChZuäÜßn. Man darf diesen imaginären Thatbestand nur
umkehren und er wird wieder der richtige sein. Wegen des
Stuckbewurfes, des uralt traditionellen Repräsentanten der Wand-
bekleidung als architektonisch-räurnlichen Elements, der nach
dem technischen Herkommen ältester Zeiten zugleich
alsMalergrund unvermeidlich war, wurden poröse Steine,
Tuffe, Ziegel, Terrakotten, kurz solche Stoffe die geeignet sind
einen Putzbewurf in dauerhaftester Weise festzuhalten, zum Mauern
vorzugsweise verwandt. 1
Ein schöner weisser Stuckbewurf war den Alten die vornehmste
Bedingung einer guten Ausführung; denn von ihm war der ganze
Erfolgt der so wichtigen Farbendekoration abhängig, die stets
und überall als unzertrennlich mit der Koniasis ge-
dacht und erwähnt wird. S0 heisst es in den Maffefschen
Fasten: expoliendum et pingendumf so erklärt Suidas das Wort
Kovtdmt, Tüncher, durch den Zusatz: diejenigen, welche die
Mauern färben; (oi toizg toixovg nagaxgiovtßg.) In der antianischen
1 Mir üel es auf meinen Reisen auf dass griechische Kolonien immer
dort anzutreüen sind, wo jener vielgenannte Muschelkalkstein, der Poros, zu
Tage liegt und mit Leichtigkeit bricht. Ich möchte diese Bemerkung allge-
mein auf alle gräko-italischen Ansiedelungen ausdehnen, und zweiHe nicht
dass die Gegenwart dieses wichtigen Baustoifes bei den Ansiedlern ein wesent-
liches Moment bei der Wahl ihrer Niederlassungsörter war.
2 Animadversa ad Fast. Rom. fragmenta. v. Satius und Jan. van Vaassen.
1785. 40.