Volltext: Die textile Kunst für sich betrachtet und in Beziehung zur Baukunst ; mit 125 in den Text gedr. Holzschn. und 15 farb. Tondrucktaf (Bd. 1)

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Hauptstück. 
Viertes 
In der That, bis hieher bietet die hellenische Kunst nichts 
eben neues: die alten barbarischen und zwar zum Theil entlehn- 
ten, nicht mehr verstandenen, Elemente, unter denen jedoch die 
vielleicht stammverwandtschaftlieh ererbten asiatischen, die wir 
schon kennen, vorherrschend sind, aber hier in konfuser unge- 
setzlichei-Mischung, mit schwächerer Kunstpraxis zuweilen unver- 
standen gehandhabt. Ein reicheres Sein, das „Kunstwerk der 
Zukunft," kündigt sich nur erst vor, in dem mehr äusserlich be- 
wegten als von innen belebten Figurenschmuck, der anfängt bei 
seiner Figurantenrolle objektiver Repräsentation, die ohnediess 
keinen Sinn mehr hat, weil sie nicht mehr verstanden wird, sich 
zu langweilen und zu seiner Zerstreuung in subjektivster Weise 
zu zappeln und zu rennen. 
Wir erkennen dieses Symptom des erwachten Lebens am leich- 
testen an dem Bligürlichen; dem aufmerksamen Beobachten aber 
entgehen nicht die Spuren gleichzeitiger und analoger Regungen 
in den eigentlich architektonisch formalen und ornamentalen Be- 
standtheilen des Werkes!  Wohin führte nun aber dieses neu- 
angeregte Leben? Es darf hier noch nicht unsere Absicht sein, 
dessen allgemeinere Tendenz zu verfolgen; fragen wir daher nur, 
was wurde aus unserem Bekleidungsprinzipe, welches in den bar- 
barisehen Baustilen, die wir kennen lernten, eine so wichtige 
und durchaus realistische Bedeutung behielt, was wurde aus ihm, 
nachdem die grossartige Metamorphose vollendet war, aus der 
die neue hellenische Kunst hervorging? 
in ihrem formalen IEISOhGlIIGD bedungen durch den Stil der ihnen noch von 
der Zeit her anhafte wie sie aus getriebenem Metalle oder aus gebranntem 
Thon und nicht aus Stein waren,  dass, sage ich, diess weniger überrascht 
als wenn dasselbe von den Marmortempeln behauptet wird,  und dennoch 
verhält es Sich mit diesen auf ganz gleiche Weise. Zur Illustration des Ge- 
sagten gebe ich hier einen Kandelabersturz aus bester Zeit , den ich in einer 
der Antikensammlungen Siciliens, ich glaube zu Palermo, zeichnete. Der 
Metallstil tritt an diesem zierlichen Geräth aus weissem Marmor noch un- 
verkennbar hervor.  Auch der Stil der Kleidertrachten der Griechen bietet 
ein interessantes Analogon mit dem ihrer Baukunst. Im heroischen Alter die 
orientalisch tief gefärbte, bunte. reich gestickte und verhüllenrle Gewandung, 
die Sarapen, Kalasiren und assyrisehen Aktaien. Hernach zur Zeit der 
Tyrannen das zierliche Gefältel der Sindones und Peplen, das entsprechende 
konventionelle Lockengebäude mit elegantem Cieadenschinuck,  zuletzt der 
freie Faltenwurf, das Hymation und der Chiton;  [Tebergänge durchaus 
denen parallel, welche der Tempel bis zu seiner vollständigen Emancipation 
vom Stoüliehen durehzugehen hatte, wie ich zeigen werde.
	        
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