Volltext: Die textile Kunst für sich betrachtet und in Beziehung zur Baukunst ; mit 125 in den Text gedr. Holzschn. und 15 farb. Tondrucktaf (Bd. 1)

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Hauptstück. 
Viertes 
stattet. Es zeigt sich nirgend in plastisch-polychromer" Nachbildung 
der ursprüngliche Typus der Bekleidung als Faeadendekoration 
naiver und realistisch unmittelbarer ausgedrückt als auf diesen 
lydischen Felsengräbern, von denen das berühmteste, das soge- 
nannte Grabmal des Midas, als Beispiel hier beigefügt ist. 
Bei anderen Grabfagaden derselben Gattung sind nur die 
Rahmen und die Bekrönungen bildnerisch verziert, das cinge- 
schlossene Feld ist glatt, hatte aber sicher einst malerischen 
Schmuck.  Noch andere gehören schon mehr zu den kompo- 
siten, daher wahrscheinlich späteren, Formen.  
Wieder ein von den phrygischen, karischen und lydischen 
Stämmen ganz verschiedenes Volk musste dasjenige sein welches 
in Lykien, wenigstens für seine Grabmonumente, an einem sicher 
höchst urthümlichen, der Konstruktion aus Holz entnommenen, 
dekorativen Prinzipe festhielt: dasselbe Volk aber, welches in sol- 
cher Weise seine Gräber im Holzstile konstruirte, wohnte in 
Steinhäusern aus polygonem Gemäuer; diess wissen wir weil 
viele dieser Bauwerke wegen ihrer soliden Aufführung noch bis 
auf heute, wer weiss aus wie früher Zeit, stehen geblieben sind 
und höchst merkwürdige Relieftafeln, womit einige der Felsen- 
gräber geschmückt sind, geben in malerisch {perspektivischer 
Weise die Bildnisse ganzer Städte mit ihren Vorstädten, deren 
Häuser und Monumente entschieden den Charakter des Steinstiles 
verrathen und zum Theil sogar mit Kuppeln überwölbt sind; und 
neben diesen Steinbauten erkennt man auf diesen Relieftateln in 
deutlichster Darstellung dieselben im Holzstile gehaltenen Denk- 
mäler von denen die Rede ist. Diese sind also nicht Nach- 
bildungen einer den Lykiern eigenthümlichen Holzarchitektur, 
sondern, wie ich schon in dem Exkurse über das Tapezierwesen 
der Alten geäussert habe, höchst "wahrscheinlich monumental in 
Stein umgesetzte Scheiterhaufen. Die ältesten Denkmäler dieser Art 
sind die freistehenden Sarkophagträger; hernach übertrug man 
diese traditionell und typisch sanktionirte Dekoration auch auf 
Felsengräberfacaden, obschon sie nach der Annahme einer andern 
Bestattungsweise hier keinen realen Sinn mehr hatte, wesshalb 
ihr ein anderes Motiv untergeschoben wurde, bei welchem eine 
Fachwerkswand mit vorstehender Sparrenbedeckung mehr oder 
weniger klar als Vorbild vorschweben mochte. Auch an diesen 
Monumenten, und zwar sowohl. an den Sarkophagträgßrn Wie an
	        
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