Kunst.
Textile
Aegyptische
Säulenoränungen.
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„er malt es auch, ohne die Oberfläche zu vertiefen" (pingitque,
non caelat argentum). 1
In den zwanziger Jahren wurde in der Gegend des alten
Kanopus eine mit einem durchsichtigen Purpuremail überzogene
Goldplatte gefunden. 2 Kleine Goldtiguren mit buntgefiederten
Schwingen und andere Gegenstände aus Gold und Metall, deren
Oberfläche mit ausgegrabenen Vertiefungen bedeckt sind, welche
letztere Glasflüsse der verschiedensten Farben enthalten und ein
polychromes goldumrändertes Muster oder Dessin bilden, sind
nichts anders als Emails, in der sogenannten Champleve-Manier.
Auch habe" ich Schmucksachen gesehen die zu den sogenannten
emaux cloisonnes gehören, nämlich auf eine Metalliläche gelöthete
dünne Goldfäden, deren Zwischenräume mit Email gefüllt sind.
Aegypten prodncirte also alle uns bekannten Sorten Email und
war gerade in dieser Kunst wie überhaupt in der Glasfabrikation
im Alterthum berühmt und tonangcbend. Die Alten nannten
diess eingebrannte Malerei, encaustum, und die Wachsenkaustik
der griechischen Tempel war nur eine Zweigart dieser Technik,
die einen guten Theil ihrer stilistischen Eigenschaften theils von
der Mctallenkaustik, theils von -der Terrakottaenkaustik, die
beide älter sind, ererbte. Darüber wird Näheres später ge-
geben werden.
Es dürfen zuletzt als hierher gehörig die merkwürdigen Stein-
schranken nicht unberührt bleiben, die überall, wo in Aegypten
Säulen in antis vorkommen, gefunden werden.
Die Gehege der heiligen Thiere waren das erste Motiv dieser
Säulenbauten, die den Peripteren der Hellenen in gewissem Sinne
verwandt sind; sie wurden erst später zu den Tempelfacaden,
den sogenannten Propyläen, verwandt die alle aus nicht früher
Zeit stammen.
Die Schranken, welche bei dieser Art von Anlagen die Säu-
len oft bis zu Dreiviertheil ihrer Höhe umschliessen, mit ihrem
seltsam durchbrochenen Thürgerüst, geben uns ein Vorbild ähn-
licher Dispositionen an den griechischen und römischen äusseren
Säulenfagaden, deren Zerstörung einen tief eingewurzelten Irrthum
erzeugt hat, wonach der antike periptere Tempel sich für uns
1 Plin. XXXIII, 9.
2 Minutoli l. c. pag.
Semper.
308.