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Viertes
Hauptstück.
der Absicht des Schmüekens zu dienen, war das Mittel gewor-
den den Sinn der Darstellung deutlich sprechen zu lassen, Wo
bei sie dem strengen Kanon der Hieroglyphik zu folgen hatte.
Nicht mehr Farbenmusik, sondern Farbenrhetorik wird hier auf.
geführt. Diesen Vorschriften widersprach es nicht, für die Pla-
fonds die uralt traditionelle himmelblaue Farbe mit dem Sternen-
schmucke beizubehalten. Nur bereicherte sich das einfache Him.
melszelt, mit wachsendem Umsiehgreifen der Bilderschrift, mit
geflügelten Sonnen, kolossalen Geyern, Thierkreisen und sonsti-
gen zum Theil höchst seltsamen astronomischen Symbolen.
Um zu resümiren: Die zu Anfang des 73 angeführte Aeus;
serung des Herodot bewahrheitet sich vollständig in Beziehung
auf den ägyptischen Baustil, insofern er das Umgekehrte desjeni-
gen anderer Völker des Alterthums dadurch wird dass bei diesen
die Konstruktion immer mehr den Kern verlässt, äusserlieh wird,
sich sichtbar darlegt und mit der Dekoration identificirt, dass da-
gegen in Aegypten die Konstruktion auf den Kern zurückver-
wiesen wird und die Dekoration, d. h. die Kunstform in keiner
direkten Beziehung zu der Konstruktion steht. Dem entspricht
auch in höchst bemerkenswerther Weise die Tendenz der übrigen
von der Baukunst mehr unabhängigen Produkte der Kunst und
des Kunsthandwerks. Die getriebenen Metallarbeiten sind selten,
wenn überhaupt deren von einiger Bedeutung gefunden Wurden,
dafür Metallguss mit festem Kerne, und solides Holz. Alles in
diesen Stoffen ausgeführte Geräth trägt im Gegensatz zu sonsti-
gem frühen Werke anderer Völker den Stil des Gusswerkes und
der festen Stabkonstruktion. Doch hierüber ist schon in dem
Paragraphen über ehaldäisch-assyrischen Möbelstil das Nöthige ge-
sagt worden.
Gewisse Eigenthümlichkeiten der ägyptischen Polyehromie, der
einzigen die sich vollständig erhalten hat, werden in den folgenden
Paragraphen besprochen werden; eine besondere Technik jedoch,
deren Einfluss auf die hellcnisehe Enkaustik mir unzweifelhaft er-
scheint, muss ich hier am Sehlusse dieses Paragraphen noch kürz-
lich besprechen: diess ist das Metallemail, dessen Kenntniss
von Neueren ganz ohne Grund den Aegyptern abgesprochen
wird. Plinius meint theils durchsichtig theils opak emaillirte
Silberarbeit wenn er sagt: „der Aegypter färbt (tingit) das
"Silber, damit er in den Gefässen seinen Anubis wiederfinde;