Volltext: Die textile Kunst für sich betrachtet und in Beziehung zur Baukunst ; mit 125 in den Text gedr. Holzschn. und 15 farb. Tondrucktaf (Bd. 1)

'l'extile 
Kunst. 
Aegyptische 
Säulenordxxungexl. 
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kapital, sind auch sämmtliche Mauern, demselben Prinzipe gemäss, 
gleichsam in Teppiche total eingewickelt; der steinerne Kern als 
solcher, als Struktur nämlich, tritt nicht zur Erscheinung, fungirt 
auch nicht anders als insoweit er sich selbst aufrecht erhält und 
fest ist, sonst ist er durchaus passiv; denn die Steindecke, die er 
trägt, ist äusserlich nicht sichtbar und wird innerlich durch be- 
kleidende Malerei in seiner Massenwirkung negirt. 
Dieser Strukturkern der Mauer ist durchaus nichts anders 
als die Staffelei der skulptirten stuckbekleideten und polychromir- 
ten Wand, die ihrerseits als Raumabschluss und zugleich als 
mächtige Schreibtafel auftritt. Ja man möchte diess letztere für 
ihre Hauptbestimmung halten. Nachstdcm erscheint die Mauer, 
als Masse betrachtet, immer noch als steinerncs Nachbild ursprüng- 
lichen Nilziegelbaus, bei ihrer Abböschung, ihrer übermässigen 
Dicke, der ihr fehlenden Gliederung und dcr totalen Abwesen- 
heit vorspringender Theile. An diesen Ursprung erinnert auch 
das nie fehlende Stuckgewand, ohne welches das zwar genaue 
aber unregelmässig geordnete Quadergefiige an sich unschön her- 
vortreten und die Züge der Hieroglyphenschrift undeutlich machen 
würde.  Nicht nur die vertieften Reliefs sind mit feinem Stucco 
präparirt und dann bemalt, auch die ganze Wandfläche ist damit 
bekleidet und hierauf farbig abgetont. Diess bemerkten schon die 
Architekten von der expedition d'Egypte und findet durch spätere 
Reisende volle Bestätigung. Auch der jetzt weissscheinende Stuck 
zeigt Spuren einer Tränkung, einer ßaqavi, d. i. eines iirnissähn- 
lichen Ueberzugs, der ihn fester machte 1 und meistens gefärbt 
war. Die Sockelplatten an den Füssen der Mauern sind schwarz 
mit darauf gemalten Lotos- und Papyrosstauden; auch die Haupt- 
Häche der Mauer ist nicht selten dunkelfarbig, wie an Theilen 
des Tempels zu Deir el Bahri (Theben), die mit bunten Dar- 
stellungen auf dunklem Grunde ausgemalt sind. Dergleichen 
dunkelgründige Wandmalereien aus Aegypten sind auch in den 
europäischen Sammlungen nichts Seltenes;  doch ist im Allge- 
meinen das Hellgründige vorherrschend, wegen der Deutlichkeit 
des Lesens, denn die ägyptische Polychromie hatte aufgehört 
' Die Granitquader einiger Tempel sind zum Theil innerlich zerfressen 
und nur ihre Kruste hat sich gegen die zerstörenden Einflüsse der Feuchtig- 
keit und der Luft erhalten, wegen der im Texte erwähnten Tränkung oder 
Glasirung des Steins. (Minutoli und andere Reisende.)
	        
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