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Viertes Hauptstück.
in eine kompakte Widerstandsmasse iiberging. (Hypostyl Rham-
ses II. zu Karnak; Tempel des Khons ebendaselbst.)
Das Charakteristische dieser Säule, deren Stilgeschichte hier
in aller Kürze entworfen wurde, ist nun aber, dass ihre ursprüng_
liche Rohrumhüllung nicht wie bei der Kelchsäule in Beziehung
auf das Fungiren der Säule als stützendes Glied neutral und
indifferent bleibt, vielmehr alle vegetabilischen Linien und Kur-
ven die sie beleben, den elastischen Widerstand gegen die
Wucht des Würfels, der auf den abgeflachten Lotosknospen ruht,
und die Spannung, die daraus hervorgeht, in entsehiedenster Weise
ausdrücken. Aber der Widerstand der zarten Lotoskelche will
nicht genügen, und das ästhetische Gefühl beruhigt sich nur
einigerrnassen durch die Voraussetzung eines solideren Kerns,
den die Kelche gleichsam nur mitstützend umgeben. Diese
Form ist somit weder organisch selbständig, weil sie ohne den
hinzugedachten inneren Pfeiler nicht bestehen kann, noch ist sie
es in dem Sinne der Emancipation von aller mechanischen Thätig-
keit, wie bei der Säule mit Kelchkapitäl, die diese Funktion dem
unbelebten Kerne ungetheilt zuwendet.
Das pharaonische Aegypten, seinem anorganisch architektoni-
schen Prinzipe getreu, musste diese Kunstform daher entweder
ganz fallen lassen oder sie der Spur von organischer Strebsamkeit,
welche in ihr wohnt, durch das bereits bezeichnete Mittel berau-
ben, um auf ihrer Umhüllung gleichzeitig ein weites Feld zu
symbolisch -bildlichen Darstellungen und umfassender Hiefg-
glyphensehrift zu gewinnenf
Wie bewusstvoll das oft genannte regime des pharaonischen
Aegypten das Prinzip der gänzlichen Trennung der Kunstform
von dem Strukturkerne verfolgte, zeigt sich am klarsten in der
Weise, wie die Wandstatuen vor die an sich durchaus ungeglie-
derten und leblosen Pfeiler gestellt werden. Hier ist die Schei-
dung der beiden Elemente, deren innigstes Ineinanderaufgehen
die hcllenische Kunst charakterisirt, gleichsam die Trennung des
Geistes von der Materie, in entschiedenster Weise erreicht.
Wie jene verpuppten oder mumisirten Säulen mit Knospen-
1 Die weiteren Säulengattungen Aegyptens werden hier nicht weiter be-
rücksichtigt. weil sie nur formale, nicht prinziyielle, Unterschiede von den ge-
nannten bieten, auch meistens der späteren zum Theil ptolemäischen, und
selbst römischen, Zeit angehören.