Kunst.
Textila
Aegypten.
Altes
und neues Reich.
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chen wurden hierauf spiegelgleich polirt und mit skulptirten Hiero-
glypheninschriften überdeckt. An der zweiten grossen Pyramide
von Gizeh, der des Chafra, hat sich zunächst der Spitze ein
Stück dieser Bekleidung erhalten; Bruchstücke derselben Art
fand man an den Füssen der andern. Durch Herodot und an-
dere alte Schriftsteller erfahren wir, alle Pyramiden seien auf
gleiche Weise zum Theil mit polirtem Granite bekleidet und mit
Inschriften bedeckt gewesen; durch die arabischen Schriftsteller
des Mittelalters finden sich ihre Aussagen in Betreff dieses Punktes
bestätigt, sie melden dass nach der Eroberung Aegyptens durch
die Araber von diesen die unter der Decke versteckten Grab-
kammern erbrochen und geplündert und die Steine der Beklei-
dung zu andern Zwecken abgetragen wurden. Angesichts aller
dieser sichern Daten wollen dennoch einige, z. B. Champollion
Figeac, die Thatsache dieser Inkrustation des Steinkernes in
Zweifel ziehen oder entschieden in Abrede stellen. Dagegen
möchte ich diese Inkrustation gerade für das Wesentlichste, so zu
sagen für das Motiv des ganzen Steinbaues und die Verwendung
der Platten aus Syenit und rosenrothem Granit zu der Bekleidung
der (ältesten) Pyramiden aus ungebrannten Nilziegeln für den An-
fang der Steinkonstruktion in dem am frühesten kultivirten Delta
des Niles halten; für älter als den Quaderbau, der erst später der
Solidität wegen die Stelle des Ziegelfüllwerkes zu vertreten hatte.
Letzteres, sowie das spätere Quaderwerk, sind nur die Träger der
vier kolossalen Spruchtafeln aus hartem Steine, welche die Thaten
des Stifters in alle vier Himmelsgegenden und zu allen Jahrhun-
derten verkünden sollen. In der That ist die Pyramidenform für
diesen Zweck mathematisch nachweislich die beste und solideste.
So erklärt sich die Erscheinung dass die ältesten Steinmonu-
mente Aegyptens, die des steinlosen Delta, aus äthiopischem
Granit oder Syenit und nicht aus dem nahen Kalkstein oder aus
Sandstein erbaut waren. In dem königl. Theben ist der älteste,
wahrscheinlich zuerst durch die Hyksos, sodann durch Kambyses
zerstörte, Theil des Reichstempels von Karnak, die Stiftung des
Gründers der ersten Thebaischen Dynastie Sosertesen I., ein
Granitb au; in der That der einzige zusammenhängende Tempel-
ruin aus den Zeiten des alten Reichs, (etwa 2700 J. v. Chr.,)
dessen Granitbekleidungen jedoch zum Theil unter makedonischer
Herrschaft, von Arrhidäos, erneuert oder vervollständigt wurden.
Scmper. 52