Volltext: Die textile Kunst für sich betrachtet und in Beziehung zur Baukunst ; mit 125 in den Text gedr. Holzschn. und 15 farb. Tondrucktaf (Bd. 1)

Kunst. 
Textile 
und 
Phönikien 
Judäa. 
399 
Menschenhaupt als Schlussstein diente, Capitolium heissen soll, 
bekunden auch hier diese Form als eine uralt vorgefundene. 
Wie dem auch sei so berühren gerade diese Monumente 
grauester Vorzeit, gleichsam die fossilen Ueberreste eines Civili- 
sationsorganismus der vor aller menschlichen Erinnerung lebte, 
auf das Entschiedenste den uns jetzt beschäftigenden Gegenstand, 
nämlich insofern sich an ihnen Spuren und Ueberreste ehemaliger 
Bekleidung, womit ihre Steinmauern innerlich und äusserlich um- 
hüllt waren, noch deutlich erkennen lassen; zur Bestätigung dessen, 
was die Sage von ihnen als ehernen (erzbekleideten) Fässern, 
d. h. Rundgewölben, erzählt. Doch werde ich auf sie bei anderen 
Gelegenheiten zurückkommen müssen, wesshalb ich sie hier nur 
leicht berühre und zu Werken übergebe, die mit grösserer Ge- 
wissheit als jene vorgenannten den Phönikiern zugeschrieben 
werden. Diess sind ungeheure Steinkonstruktionen, die theils als 
Unterbaue für darauf aufzuführende Tempel und Paläste dien 
ten, tlieils Uferdämme bildeten und aus regelrecht behauenen 
bossirten Quadern von kolossalen Dimensionen bestehen. Ueber- 
reste derselben finden sich in der Gegend des alten Byblos, in 
Cypern, auf der Insel Arados, dessen gigantische noch zum 
Theil erhaltene Quaimauern aus löfüssigen bossirten Quadern 
bestehen und sonst. Dazu die merkwürdigen zum Theil erhaltenen 
Substruktionen des salomonischen Tempelperibolos an der Ost- 
seite des Berges Moriah, von deren eigenthümlicher Konstruktion 
uns Josephus in der Beschreibung des herodischen Tempelbaues 
eine sehr interessante, wenn auch im Einzelnen etwas dunkle, Be- 
schreibung gibt. Sie wird uns verständlich durch eine ähnliche noch 
bestehende leichter zugängliche Substruktion derselben Bestim- 
mung, wie jene offenbar phönikisch-israelitischen Ursprungs, unter 
dem grossen Sonnentempel zu Balbek. Was an beiden in kon- 
struktiver Beziehung als besonders bemerkenswerth hervortritt 
berechtigt uns auf ihre mächtigen Quadratmauern, die als solche 
eigentlich in ein anderes Gebiet unserer stilistischen Betrachtungen 
fallen das später zu betreten sein wird, schon hier unser Augen- 
merk zu richten. Beide Werke sind nämlich ganz nach demselben 
Prinzipe das wir an den assyrischen Substruktionen wahrnehmen, 
ausgeführt; sie sind gleichsam ein Gewebe von Quadermauern, 
die in Zwischenräumen theils parallel neben einander  laufen, 
theils einander durchkreuzen. Ihre Intervallen sind zur Verstär-
	        
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