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Viertes
Hauptstück.
zeugen noch grosse Ruinenhügel aus Backsteinen und gefärbten
Ziegeln, die an Umfang denen von Babylon nichts nachgeben
sollen. Man fand noch dort Ueberreste von Säulen ganz denen
von Persepolis ähnlich.
Diese wichtigen persischen Monumente, die uns die Uebergänge
und die durch den Stoffwechsel herbeigeführten Metamorphosen der
Stile so klar vergegenwärtigen, sonst aber in Beziehung auf den
Gegenstand der uns jetzt beschäftigt nichts eben Neues bieten,
werden in der Tektonik und in der Stereotomie spezielle Berück-
sichtigung finden.
Es darf jedoch schon hier nicht unerwähnt bleiben dass neuere
Reisende, vornehmlich Texier, auf den Ueberresten der persischen
Monumente aus weissem Marmor überall Spuren einer überaus
reichen und entschiedenen Polychromie, welche das Ganze be-
deckte, gefunden haben. Hiernach geben die auch in anderer
Beziehung mangelhaften Restitutionen von Theilen dieser Königs-
paläste, welche in dem "grossen Werke von Flandin und Üoste
enthalten sind, ein ganz falsches und armseliges Abbild ihrer
einstigen Pracht.
g. 72.
Phönikien und
Judäa.
Die wirklich erhaltenen Werke sind die alleinig sichern
Grundpfeiler worauf das Gebäude einer vergleichenden Geschichte
des Stils aufgeführt werden kann; frischen Beleg dazu gaben
die Entdeckungen innerhalb der Erdhügel lllesopotamiens, die von
Lykien in Kleinasien, und andere Funde, welche in Asien und
Aegypten zu machen der neuesten Zeit vorbehalten blieb, die
das bisherige System unserer kunstgeschichtlichen Anschauungen
auf eine so bedenkliche Weise erschütterten, dass mit einer Re-
paratur und einfachen Ergänzung nach den erweiterten Ansichten,
die wir gewonnen, kaum mehr gedient sein mag. Wir besessen
von jenen Wundern Ninive's und Babylons ziemlich ausführliche
und lebendige Schilderungen, nach denen wir uns ein richtiges Bild
von ihnen hätten schaffen können, da jene Berichte, wie wir jetzt
sehen, ganz der Wahrheit entsprechen, und dennoch wie falsch
und vor allem wie farb- und leblos war jenes Bild, verglichen mit
der Wirklichheit wie sie uns, freilich noch immer verschleiert
und der Vollständigkeit entbehrend, jetzt entgegentritt! Wer