Kunst.
Textile
Assyrien
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betrachten. In dieser Verbindung wird sie uns in ihrem Wesen
und in ihren Theilen verständlicher werden, wird sie zugleich
die Veranlasssung zu einigen nicht unwichtigen allgemein stil-
theoretistzhen Bemerkungen Anlass geben.
Die Tische, Throne, Stühle, Schemel, Baldachine und sonstigen
Geräthe sind Gezimmer, (pegmata) die aus denselben Elementen
bestehen welche bei dem grösseren Pegma des Gebalkes, das die
Decke eines Raumes zu tragen hat, mit seiner Säulenunterstützung
in Anwendung kommen. Die beiden Funktionen des Stützens
und des Tragens sind bei beiden auf die einfachste Weise durch
vertikale Ständer und horizontale Pfosten oder Balken vertreten.
Die Deckengerüste sind gleichsam Möbel, die in dem Hofe auf-
gerichtet sind, der in jedem Corps de batiment einer assyrischen
Palastanlage den Mittelpunkt der Beziehungen aller anderen Theile
des ersteren bildet. Oft ist dieses Pegma wirkliches Möbel,
oder nahezu solches, und hat nur ein leichtes aus gewebten Stoffen
bestehendes Zeltdach zu tragen, wie wir diess aus bestimmten
Nachrichten im alten Testament und sogar, wenn man der Aus-
legung Rawlinsons trauen darf, aus Keilinschriften wissen. Aber
auch die feste aus gefügten Tafeln und untergelegten Balken be-
stehende Decke behält mit ihrer Säulenordnung etwas Selbstän-
diges, steht als freitragendes Pegma innerhalb der Halle, ohne
mit dem Mauerwerke das diese umgibt im Mindesten verbunden
zu sein, ohne dass letzteres, der Stilidee nach, eine Unterstützung
für die von ihm ganz unabhängige Decke bilde.
Da der Möbelluxus sicher älter als der architektonische Auf-
wand der Deekengezimmer ist erkenne ich überhaupt in dem Haus-
geräthe oder vielmehr dem gezimmerten Möbel den Typus des letz-
teren. Diese Hypothese, oder vielmehr diese Thatsache, ist zuerst
in Beziehung auf den Ausdruck und die Form des allgemeinen struk-
tiven Gedankens der dem antiken Deckensysteme inneliegt, und
zugleich in Beziehung auf den architektonischen Ausdruck der
nach antiker Auffassung der Mauer zukommt, die von dem ersteren
sich unabhängig halt, äusserst folgewichtig, aber ich verfolge
sie hier nach dieser Richtung hin nicht weiter, weil diess mehr
in den Abschnitt der Tektonik gehört. Sie führt uns aber auch
dahin in den dekorativen Details und den Verhältnissen der
assyrischen Möbel die Vorbilder und Ausgänge derjenigen Kunst-
formen und Verhältnisse zu suchen welche die Assyrier auf ihre