Kunst.
Textile
Assyrien.
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mit Lackfarben und zum Theil mit Deckfarben übermalt gewesen
sein mochte, nach einem Prozesse der selbst noch bei dem olym-
pischen Jupiter des Phidias und wahrscheinlich allgemein im
ganzen Alterthume Anwendung fand.
Bei der Menge der Ueberreste von Malerei an den etwas
älteren Skulpturen von Chorsabad ist es auffallend dass zu Kud-
jundshik fast gar keine lilarbenspuren aufgefunden wurden. Viel-
leicht hatte die Technik der Malerei sich seit der Erbauung des
Monumentes zu Chorsabad verändert, vielleicht wurden die Far-
ben durch die Gluth der Feuersbrunst welche die Paläste von
Kudjundshik zerstörte bis auf die letzte Spur vertilgt, vielleicht
trat diese Zerstörung früher ein, ehe die Malerei gewisser Theile
des Baues vollendet war; vielleicht endlich, und diess ist das
wahrscheinlichste, schenkten Layard und die anderen Reisenden
die diesen Bau untersuchten den Ueberresten der Malerei, die
sich bei sorgfältiger Prüfung noch gefunden haben würden, zu
wenig Aufmerksamkeit und ist in dieser Beziehung auf ihre Mit-
theilungen wenig Verlass.
In einer Notiz 1 über den Palast des Assur-bani-pal, des letz-
_ten assyrischen Königes, wird nachdrücklich erklärt dass, mit
Ausnahme einiger wenigen roth bemalten Details, die Alabaster-
tafeln so frei von Farbe blieben als wie sie es waren bevor eine
Linie auf ihnen gezeichnet oder skulptirt wurde, mit dem Hin-
zufügen dass die Assyrier nicht solche Barbaren waren wie der
Krystallpalasthof uns glauben machen könnte. Bei aller Bei-
stimmung zu diesem zuletzt ausgesprochenen Urtheile über die
Restitution der assyrischen Königshalle von F ergusson, muss ich
doch zugleich nach der entgegengesetzten Seite hin den Gesehmael;
selbst der entarteten Assyrier am Rande ihres Ünterganges in
Schutz nehmen, indem ich behaupte dass es niemals Absicht sein
konnte an einer chimärischen Figur mit Löwenhaupt, geiiedertem
Adlershals und Krallen alles übrige sammt dem 'Grunde aus
welchem die Figur sich plastisch erhob in schmutzig grauer
Alabasterfarbe zu belassen und nur die Federn des Halses, die
Klauen und die Augenlieder des Ungeheuers roth anzustreichen.
Letzteres wäre beinahe so monströs wie Kuglers polyehrem
restaurirter Parthenon, und könnte nur in dem Gehirne eines
Kunstgelehrten existiren.
1 Illustrated London News Nov. 15. 1856.
Semper.