Textile Kunst.
Assyrien.
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Die Formen bei beiden Stilen sind mit schwarzen Linien gleich
wie mit Fäden kräftig umzogen und mit einfachen Tönen gleich-
mässig kolorirt. Keine Andeutung irgend einer Schattirung.
Die Zeichnungen der Thiere sind korrekter als auf den gleich-
zeitigen Basreliefs, deren Polychromie sich übrigens mit grosser
Sicherheit nach diesen Wandmalereien restauriren lässt.
Ich weiss nichts darüber, 0b sie a tempera oder a fresco oder
durch ein seifenartiges Medium (Wachs, Wasserglas und der-
gleichen) oder endlich in Oel ausgeführt sind, vermuthe aber
das erstere. Man hat meines Wissens diese Art assyrischer
Malerei in dieser Beziehung noch nicht geprüft. In einer ge-
wissen Zeit scheinen vegetabilische Farbestofe dabei häufiger be-
nützt worden zu sein, wesshalb auf den meisten Kalk-- oder Stuck-
wänden die Malereien dergestalt verblichen sind dass kaum
noch die Umrisse in schwachen Spuren hier und da von ihrer
früheren Existenz zeugen. 1
Der Stuck ist an einigen Orten sehr dünn, an anderen da-
gegen sehr dick aufgetragen und manchmal finden sich mehrere
Stuckschichten über einander, jede mit besonderer Malerei, woraus
hervorgeht, dass die Wanddekoration an diesen Orten zu ver-
schiedenen Perioden erneuert wurde. Man sieht hieraus wie
misslich es ist aus dem Vorhandensein von Inschriften und Dar-
stellungen der Wände auf das Alter der Gebäude zurückzuschlies-
sen. In dem Gebäude südlich des grossen Nordwestpalastes zu
Nimrud liess sich die dekorirte Stukwand bis über 14 Fuss über
die Platten der unteren Mauerbekleidung hinaus, die hier nur
zwei Fuss hoch ist und aus nicht skulptirten Kalksteintafeln be-
steht, verfolgen, sie ging wahrscheinlich noch weit über diese
Höhe hinaus; dabei haben die Räume nur etwa 14 F uss Breite. Der
ganze Hügel von Nimrud ist gleichsam mit Spuren solcher stuck-
bekleideter Wände bedeckt; wie gesagt Waren nur die den
grossen Centralhallen zunächst liegenden Piecen, die den kleinsten
Theil der Anlage bilden, mit Steintafeln bekleidet.
Wir kommen nun zu einer anderen Art der Wandbekleidung
die zu wichtigen stilgeschiehtlichen Fragen Anlass gibt deren
Lösung mehr als eine Schwierigkeit bietet: ich meine die Inkru-
tation der Lehmwände mit gebrannten und bemalten oder viel-
mehr mit glasirten Ziegeln.
1 Layard, Ninive und seine Ueberreste; deutsche Ausgabe, S. 201.