Textile Kunst.
Assyrien.
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schon vorher durch das eigentliche Bekleidungswerk der durch
sie an ihren Sockeln umstellten und garnirten Wände.
Von diesem eigentlichen Bekleidungswerke haben sich
nun auch an den assyrischen Ueberresten sichere Spuren er-
halten und manches was sich nicht mehr nachweisen lässt wird
uns darüber klar berichtet oder lässt sich nach der Analogie an-
derer verwandter Werke restituiren. Viele ja die mehrsten
Räume hatten gar keine Steinbekleidungen und sind desshalb,
weil sie denantiquarischen Schatzgräbern und Commissionairen
der Museen keine Ausbeute lieferten, fast ganz ununtersucht ge-
blieben; ein Umstand der einen bedauerlichen nicht leicht mehr
ergänzbaren Hiatus in dem ehrwürdigen Urtexte der Geschichte
der Baukunst, den wir so glücklich waren wieder aufzufinden,
zurücklässt.
Vielleicht würde man auf älteste Stukkaturarbeiten, d. h. auf
Stuckreliefs und Stuckornamente oder auf mit bemalter Kreide
überzogene Thonreliefs gekommen sein, was mich nicht im Gering-
sten Wunder genommen, sondern meinen Ideen über die Stilge-
schichte der Malerei und Plastik sowie analogen Erscheinungen
in Indien, China und sonst entsprochen hätte.
Auch über die so interessanten Wandmalereien auf Stuckgrund,
über die Beschaffenheit der letzteren und die Art der Malerei,
die dabei in Anwendung kam, sind wir sehr dürftig unter-
richtet, obschon derartig ausgestattete Wände sich in bedeuten-
der Menge vorgefunden haben. Zwei Blätter in der ersten
Series der von Layard herausgegebenen Monuments of Niniveh
Nro. 86 und 87 geben nur eine schwache Idee von der Eleganz
und der harmonischen Polychromie, welche die betünchten Wände
jener assyrischen Königsburgen belebten. Sie sind theils aus
dem ältesten Nordwestpalaste, der bereits gegen Ende des 1'2ten
Jahrhunderts gegründet und im Laufe des lOten von einem an-
dern Könige vollendet sein soll, theils aus einem erhöhten Pa-
villon, der sich südlich von diesem Palaste befand.
Ein sehr ausgesprochener Unterschied der Stile der beiden
Perioden assyrischer Wanddekoration, denen sie angehören, gibt
sich an ihnen kund, und wenn es gestattet wäre auf so verein-
zelte Bruchstücke ohne Zusammenhang irgend eine Ansicht zu
gründen so hätte im älteren Stile der dunkle Grund (und zwar
der blaue) vorgeherrseht, während nachher das hellgründige