Textile Kunst.
Assyrien.
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geben sollte. Ueberall {indet sich dieser Hofraum als Mittelpunkt
der ihn umgebenden mehrfachen Umgürtung von Mauern, die bis
zu fünf Meter und mehr Stärke haben, und gegen ihn gerichtet
entwickelt sich die grösste Pracht der noch erhaltenen architek-
tonischen Ausstattung. Alle diese Mauern sind nun innerlich und
äusserlich in krustirt und zwar zeigt sich an den bedeutendsten
Ueberresten dieser Art schon diejenige zusammengesetztere An-
wendung des Prinzipcs der Wandbekleidung die ich oben, in
dem Exkurse über die 'l'apezierkunst der Alten, als eine Ueber-
Wucherung desselben bezeichnete. Man muss sich diese Räume
denken als solche die ursprünglich, d. h. nach alter chaldäischer
Mode und Tradition, mit Stuck, glasirten Ziegeln, mit Holzgetäfel
oder sonst wie bekleidet sind. Dieser Bekleidung entspricht der
ihr typisch angehörige, der Weberei und der Tapetenstickerei
entlehnte Figuren- und Farbenschmuek; bei festlichen Einzügen,
z. B. bei der siegreichen Rückkehr des Monarchen nach einem
Eroberungskriege, werden die väterlichen Hallen durch die der
Zug führt, nach ältester und noch bestehender Weise (siehe oben
66) mit Teppichen, zum Theil mit Gemälden die die
Stelle der Teppiche vertreten und zugleich die jüngsten Thaten
des Helden vergegenwärtigen, umstellt; der heilige Dromos des
Zuges wird durch diese Schranken bezeichnet. Auch religiöse
Gegenstände, die Devotion des Siegers, Menschenopfer und den
Göttern stets wohlgefallige Marter der Schwächeren und Be-
siegten sind dargestellt.
Zur Verewigung dieses denkwürdigen Siegesfestes werden jene
Gelegenheitsdekorationen in Stein nachgeahmt oder vielmehr in
den Steinstil umgemodelt, gerade sowie diess in dem Rom der Kai-
serzeit noch geschah. So entsteht der assyrische Steinbekleidungs-
stil, der auch für Neubauten typisch wird, zu dessen vielseitiger
Ausbildung andere besonders konstruktive oder vielmehr konser-
vatorische Momente mitwirken, den der örtlich vorhandene Stein
ausserdem begünstigt. Wahrscheinlich hatten schon die alten
Chaldäerkönige dafür einen vergänglieheren Ersatz in ihren der
Hausteine ermangelnden Reiehenf
ren,
Nin
' Hier muss ich mich ein für allemal gegen ein Missverständniss verwah-
als ob ich jene assyrischen Wandskulpturen, wie sie uns in Chorsabad,
Iflld n. s. w. entgegentreten, für Werke apräs eoup hielte, als glaubte ich,