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Hauptstück.
Viertes
aufgefunden. Sie gehören scheint es weder dem neubabylonischen
noch dem assyrischen und eben so wenig dem persischen Skulp-
turstile an und stehen dem ägyptischen fast eben so nahe. Man
möchte den naiven Charakter, der ihnen innewohnt, für ursprüng-
lich halten, als läge er jenseits der Entwicklung selbst der ältesten
der genannten Stile, wo nicht in chronologischem , doch sicher in
kulturhistorischem Sinne. Es konnte das Primitive hier durch Jahr-
tausende hindurch fortvegetiren und alles Abgeleitete überlebenß
Fünfzehn Meilen östlich von Wurka liegt die Ruinengruppe
von Sinkereh; sie besteht aus drei Erdhügeln, genannt der grosge
Berg, der rothe Berg, von der Farbe der rothen Backziegel woraus
er besteht, und der Kameelberg, von der Aehnlichkeit mit diesem
Thiere. In der That erheben sie sich von Wurka aus gesehen in der
Luftspiegelung am Horizonte gleich mächtigen Bergen. Auch hier
ist der ganze Raum zwischen den Monumenten mit Särgen ausge-
füllt, die manche sehr interessante Alterthümer enthielten. Hier
und an den übrigen Ruinenorten der Gegend wurden nach der
Behauptung der Araber schon grosse Schätze und Königsleichen
mit goldenem Krönungsschmuck, mit Kron und Scepter, gefunden.
Herr Loftus hat diese Ruinen untersucht und monogrammatische
Keilinschriften nebst Terrakottatafeln von der oben beschriebenen
Art in grosser Anzahl entdeckt. Wenn wir nur den Inhalt die-
ser Inschriften mit Sicherheit entziffern könnten.
Noch unzählige andere zum Theil selbst unbesuchte, viel weni-
ger durchforschte, Städtetrümmer dieser Art bedecken den Allu-
vialboden der einst die Wiege der Menschheit trug aber schon
zu Alexanders Zeit der Gewalt der Elemente zurückverfallen war.
Der makedonische Heros besuchte die Gräber der alten ehaldäi-
sehen Könige und unternahm das Herkuleswerk, diese versumpf-
ten Marschen und ausgedorrten Hochlande der Civilisation wie-
derzugewinnen, ein Unternehmen, worüber er erkrankte und starb.
' Die Stillosigkeit dieser Darstellungen auf Thontafeln, Seemuscheln und
Cylindern aus Südbabylonien, d. h. der Mangel eines Einflusses der Baukunst
auf die Skulptur und die bildende Kunst der sie bezeichnet, lässt sie bei
flüchtiger Prüfung als spätes, einer Verfallszeit angehöriges, Werk erscheinen;
aber eine gewisse Stillosigkeit, das äusserlich Bewegte und Burleskc, die Planken-
manier (die von dem Baracken der Verfallszeiten himmelweit verschieden ist)
Endet sich stets als Vorläuferin der starren-hieratischen Kunst, die niemals
einen primitiven Zustand der künstlerischen Bildung eines Volkes bezeichnet.
Ißh werde Gelegenheit haben in den Artikeln über Aegypten und Griechenland
und noch sonst auf diesen hier flüchtig berührten Punkt zurückzukommen.