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Viertes
Hauptstück.
sein. Es genügte hier die einfache Thatsache zu constatiren, näm-
lich die uraltherkörnmliche Anwendung durchsichtiger
Farbenüberzüge und Decken selbst bei so edlem und
unverwüstlichem Stoffe wie das Gold.
Dieser Emailmalerei auf Goldgrund, denn so müssen wir uns
die gesammte Goldpracht antiker Monumente denken, wurde auch
durch getriebene Arbeit nachgeholfen, die sich auf dem genügend
festen und zugleich nachgiebigen Kerne von Holz, (der jedoch Öfters
durch andere noch geeignetere Substanzen ersetzt wurde,) bequem
ausführen liess. Diess ist die Empaistik. 1 Ihm folgt die eigent-
liche Hohlkörpertechnik des Sphyrelaton. Doch ich darf dem
Kommenden nicht vergreifen und bemerke nur noch dass die
Goldbeschlätge der Stiftshütte nach der Beschreibung ganz glatt
(unis), aber die mit Gold beschlagenen Cedertafeln und Ceder-
balken an dem Tempel Salomos mit getriebenem Bildwerke ver-
ziert waren.
Wir sehen hier wieder, und zwar an einer uralten Technik,
dasjenige, was ich weiter oben als Hyperfötation des Bekleidungs-
prinzipes charakterisirte: der hölzerne Kern verhüllt durch Metall-
überzug, dieser seinerseits bekleidet mit einer farbigen "Wachs-
kruste. "
Der Bau der Stiftshütte erregt noch in anderem Sinne in
hohem Grade unser stilgeschichtliches Interesse, nämlich durch
das Vorkommen der Säulen, die hier noch gleichsam das Mittel
l Wir tragen Bedenken, diesen Schritt als den zweiten in dem
Sinne zu bezeichnen, dass die erhabene Arbeit in Metall (Gold) aus der ur-
sprünglichen Sitte des Ueberziehens der unedleren StolTe mit glatten Gold-
flächen sich allmählig entwickelt habe, denn es liegt das Embossiren der
Metallliächen so sehr in dem Prinzipe der Hohlkürperkonstrixktion, dass es
auf rohe Weise gewiss schon bei den ersten Versuchen der Menschen in der-
selben sich zeigte. Vielleicht darf vielmehr das glatte gemalte Metallfeld als
eine sekundäre Abstraktionydas embossirte WVerk, dessen Vertiefungen mit
Farben ausgefüllt sind, als das Urspriinglichere gelten. Man vergesse nicht,
dass das Prinzip des Bekleidens schwerlich zuerst in diesem metallischen Stoffe
ausgeübt wurde, und dass die Stickerei auf Leder, Baumrinde und selbst auf
Geweben vorausging, ehe man Metall zu treiben lernte. Die glatten Flächen
der Stiftshütte im Gegensatze zu den embossirten Weiterbildungen derselben
auf den Wänden des salomonischen Tempels dürfen hier nicht angezogen
werden. abgesehen von dem zweifelhaften Alter der Nachrichten über sie; denn
jene war ein provisorischer Bau und die Künstler, die dabei wirkten, mussten
(liß embossirten Metallbekleidungen der Aegypter und Phönizer schon kennen.