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Viertes Hauptstück.
Technik der Flächendekoration von der Umrahmung abhängt und
ohne letztere gar nichts Gewebtes als Fläche sich entwickeln
kann, da ihr der Webstuhl und der Stiekrahmen noch ausserdem
ganz bestimmte und zwar sehr beschränkte räumliche Grenzen
stellen. In Betracht dieser räumlichen Grenzen der Hyphantik
(textilen Kunst) wenden auch wir auf sie noch häufig genug ähn-
liche Worte an, z. B. Bahn, Stück und dergl.
Wie oft die Malerei die gesticktem Muster und Darstellungen
auf Stoffen, sogar auf Kleidungstücken 1, bei den Alten ersetzen
musste ist aus unzähligen Stellen der Schriftsteller nachweislich.
Diese Sitte scheint ursprünglich aus Aegypten zu stammen, und
wie so vieles Andere, was die spät griechische und römische
Kunst eharakterisirt, über Alexandrien und durch die Vermitt-
lung der ptolemäischen Glanzperiode, die ägyptische Elemente
in eigenthiimlichster Weise hellenisirte, den Weg nach Griechen-
land und Rom gefunden zu haben. 2 Wir werden diesem alexan-
drinischen Einflusse wiederbcgegnen wenn uns der Gang unserer
Untersuchung auf die Besprechung der monumentalen Anlagen
Roms zu den Kaiserzeiten führen wird.
Ich denke mir jene auf Rädern fortbewegten gigantischen Ma-
schinen, thensae oder tensae (von tendcre ausspannen) und fer-
cula, gr. rmfyaaza genannt, in ähnlicher Weise wie die verzierten
Scheiterhaufen (busta, rogi, vwgai), von denen später zu sprechen
sein wird, mit Zonen von Teppichen und gemalter Leinwand um-
hegt, ausserdem mit Elfenbeinstatuen, Bildwerken aus Gold und
Silber, Schilden und Festons glänzend ausgestattet und mit Trg-
päen, Spolien und geraubten Kostbarkeiten aller Art bekrönt.
1 Z. B. Apulejus Metain. XI. Tribunae jussus superstiti, byssina quidem
sed {ioride depicta veste conspicuus . . . Quaqne viscres colore vario circum-
notatis insignibar animalibus. Hinc dracones Indici, inde gryphes hyperborei
quos in speciem pinnatae alitis generat mundus alter.
2 Wie sehr die Römer der Kaiserzeit in der Technik der Leinwandmalerei
bereits die Grenzen überschritten hatten, welche die Kunst in ihrer besten
Zeit einzuhalten pflegt, beweist das 120 Fuss hohe auf Leinwand gemalte
Kolossalbild des Nero, (Plin. XXXV. 7. 35) beweisen auch die bereits ange_
führten Siparien der Theater. Man führte ähnliche Vorhänge mit darauf ge-
malten Verbrecherscenen aus und hing sie zwischen das Tribunale, wo Ge-
richt gehalten wurde, und die Basilika, als Scheidung und zugleich um durch
Sie auf die Gemüther der Richter einzuwirken. Quintil. Just. Orät. VI. 1. 3,