Textile
Kunst.
Indien.
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Stuck und bemalte letztern nach einem den natürlichen Farben
der dargestellten Gegenstände bald mehr bald Weniger entsprechen-
den oder auch nach ganz conventionellem polychromen Systeme.
Das scheinbar Sekundäre, die dünne Oberfläche gemalten Stucks,
ist das Primäre, der historisch gewordene und nur noch symbo-
lisch vertretene Urstoff des Motivs, die Bildhauerei in festem
Steine die letzte Inkarnation desselben.
Will man daher der masslosen Fülle des Hindustiles an pla-
stischen Verzierungen und der baroken Willkür und Weiche
seiner Formen materiell construktive Ursachen unterlegen, ob-
schon sie sich eigentlich erst aus tieferliegenden später anzudeu-
tenden Gründen vollständig erklären, so ist man gewiss weit eher
berechtigt sie auf Rechnung der plastisch bequemen Masse des
Stuckes zu setzen als die mühevolle und spät-zelotische Ausge-
burt des Meissels in ihnen zu sehen.
Wenn derselbe Architekt dessen Ansichten über das bild-
hauerische Element der Hindubaukunst hier widerlegt sind die
Bauart der Pagoden in konstruktiver Beziehung als eine den
Indiern eigenthümliche bezeichnet, weil zuerst die rohe Masse
aufgethürmt und dann erst die Aussenseite von Bildhauerin zu
künstlerischen Formen gestaltet wurde, so hat er sich in der Ver-
folgung seiner Ideen verleiten lassen zu viel und desshalb nichts
zu beweisen. Dasselbe Verfahren fand bei den Aegyptern, bei
den Griechen, bei den Römern und überhaupt bei allen Völkern
Statt die massive Monumente von Stein ausführten. Es ist das
einzig richtige noch jetzt gültige System der Steinkonstruktion.
Nur die gothischen Baumeister wichen davon ab, Worüber das
Nöthige an entsprechender Stelle gesagt werden wird, und wir
sind in Deutschland diesem späten Verfahren treu geblieben,
(während die Franzosen es Wieder verliessen) wahrlich nicht zum
Vortheil unserer Technik und des harmonischen Zusammenwirkens
der Theile des Baues das nie so genau vorher berechnet werden
kann dass nicht etwas mangelhaft bleiben sollte, wenn das Eine
zelne in der Werkstatt nach der Chablone fertig gemacht und
dann stückweise versetzt oder eingefügt wird. Anderer damit
verbundener Nachtheile nicht zu gedenken.
Die hier niedergelegte Theorie über den Einfluss des Stucks
auf die Weiterbildung monumentaler Typen und Stile, auf unum-
stössliche Thatsachen begründet und unwiderlegbar , ist in ihren