Textile
Kunst.
China.
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Diese Anordnung findet bei grösseren Wohnungen die mehr als
ein Zimmer enthalten, statt. Immer aber bleiben die innerlich
sichtbar vertretenden Säulen die eigentlichen Stützen des Dachs,
die Mauer, wenn auch solid, ist nur raumumschliessend, oft oben
der Länge nach offen.
Zweitens steht die Mauer zwischen den ausseren oder inneren
Säulen. Dann bildet sie eine Art von Wandsäulenarchitektur,
die wir in dem Pseudoperipteros der Griechen wiedererkennen.
Nach der dritten Anordnung steht die Mauer hinter den Säu-
len; diese Anordnung kommt am häuiigsten bei Kiosks und klei-
nen Pavillons vor.
Es ist natürlich, dass dadurch die verschiedenartigsten Com-
binationen möglich werden, wenn z. B. ein Theil der Säulen frei
steht, andere in Mauern eingeschlossen sind; man muss ein-
räumen, dass die Chinesen trotz der grossen baupolizeilichen Be-
schränkungen ihres Bautalentes und der Armuth ihrer Motive
ihren Erfindungsgeist in stets abwechselnden und neuen Ver-
bindungen der angedeuteten Art bewähren. .1
Das
tektonische
Gerüst.
Es würde hier nicht am Orte sein, das struktive Princip der
chinesischen Baukunst in seiner eigenen Funktion zu entwickeln,
so wenig wie das Wesen dieses Stils als Gesammtheit darzustellen,
es handelt sich nur hier zu zeigen, wie das Bekleidungsprinzip
auch in diesen struktiven Theil eingreift und ihn gleichsam der
Tektonik streitig macht.
Das tektonische Gerüst dient zur Stütze und zum Halt der
inneren Decke einestheils und des äusseren Daches anderntheils.
Beide letztgenannten Theile gehören wieder prinzipiell und dem
Stile nach zu den bekleidenden Theilen und zeigen sich auch in
China als solche vollständig charakterisirt. Die Decke, der innere
Plafond, ist eine sichtbare Balkenlage mit Brettfüllungen, die
mehr oder weniger reiche Kassettendecken bilden und oft mit
Elfenbein, Ebenholz, Perlemutter und anderen Stoffen ausgelegt,
in bürgerlichen Häusern bunt lackirt sind. (Siehe weiter unten
die Beschreibung einer Balkendecke nach Chambers.)
Auch das Dach, die eigentliche äussere Bedachung, zeigt sich
bei kaiserlichen Bauten, Tempeln und andern Monumenten als
Decke charakterisirt, nämlich durch buntes Muster aus glasirten