'l'extile
Kunst.
Das
Prinzip
der
Bekleidung
der
Baukunst.
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Ein anderes schlagencles Beispiel gibt die monumentale Ver-
herrlichung des alten Bundes in dem salomonischen Tempel, nach
dem eingebildeten oder Wirklichen Motive der Stiftshütte in un-
erhörter Pracht durchgeführt, von welchem später noch zu reden
sein wird.
S0 auch entstand der so charakteristische Theaterbaustil noch
zu geschichtlichen Zeiten aus dem bretternen aber reich ge-
schmückten und bekleideten 1 Schaugerüst.
Es War mir bei der Aufführung dieser Beispiele vorzüglich
darum zu thun, auf das Prinzip der äusserlichen Aus-
schniückung und Bekleidung des structiven Gerüstes hinzu-
weisen, das bei improvisirten Festbauten nothwendig wird und
die Natur der Sache stets und überall mit sich führt, um daran
die Folgerung zu knüpfen dass dasselbe Prinzip der Verhüllung
der structiven Theile, verbunden mit der monumentalen Behand-
lung der Zeltdeeken und Teppiche Welche zwischen den structiven
Theilen des motivgebenden Gerüstes aufgespannt waren, auch
ebenso natürlich erscheinen muss, wo es sich an frühen Denk-
mälern der Baukunst kund gibt. 2
1 So erwähnt eine Inschrift von Patara in Kleinasien bei Roh. Walpole
Itiner. tom 1. pag. 524. 11'111 m13 loyeiov uazoeausvziyv und nlomädzv. Die reich
inkrustirten Proscenien der provisorischen Theater zu Rom sind aus Plinius
und Vitruv bekannt.
2 Ich meine das Bekleiden und Maskiren sei so alt wie die mensch-
liche Civilisation und die Freude an beidem sei mit der Freude an demjeni-
gen Thun, was die Menschen zu Bildnern, Malern, Architekten, Dichtern, Mu-
sikern, Dramatikern, kurz zu Künstlern machte identisch. Jedes Kunst-
schaffen einerseits, jeder Kunstgenuss andrerseits, setzt eine gewisse Faschings-
laune voraus, um mich modern auszudrücken, der Karnevalskerzendunst
ist die wahre Atmosphäre der Kunst. Vernichtung der Realität, des Stoff-
lichen, ist nothwendig, wo die Form als bedeutungsvolles Symbol als selbst.
ständige Schöpfung des Menschen hervortreten soll. Vergessen machen sollen
wir die Mittel, die zu dem erstrebten Kunsteindruek gebraucht werden
müssen und nicht mit ihnen herausplatzen und elendiglich aus der Rolle
fallen. Dahin leitet das unverdorbene Gefühl bei allen früheren Kunst-
versuchen die Naturmenschen, dahin kehrten die grossen wahren Meister
der Kunst in allen. Fächern derselben zurück, nur dass diese in den
Zeiten hoher Kunstentwicklung auch von der Maske das Stofflich e mas-
kirten. Diess führte Phidias zu jener Auffassung der beiden Tyrnpanon-
süjets an dem Parthenon; offenbar war ihm die Aufgabe, d. h. der dargestellte
doppelte Mythos, waren ihm die darin handelnd auftretenden Gottheiten zu
behandelnder Stoff, (wie der Stein, worin er sie bildete,) den er möglichst