Volltext: Die textile Kunst für sich betrachtet und in Beziehung zur Baukunst ; mit 125 in den Text gedr. Holzschn. und 15 farb. Tondrucktaf (Bd. 1)

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Hauptstück. 
Viertes 
Beziehungen ist das Mittelalter zu der richtigen Auffassung und 
Schätzung der Antike nothwendig, während es sich gleichzeitig 
aus sich selbst nur ungenügend, vollständig erst durch diese 
Vergleichung mit der Antike erklärt. 
Der schaffende Genius der Griechen hatte eine edlere Auf- 
gabe, ein höheres Ziel, als die Erfindung neuer Typen und Mo- 
tive der Kunst, die sie von Alters her überkamen und ihnen 
heilig blieben; ihre Mission bestand in anderem, darin nämlich, 
diese, fertig wie sie dem Stofflichen nach bereits tixirt waren, 
ihren nächsten gleichsam tellurischen Ausdruck und Gedanken 
in höherem Sinne aufzufassen, in einer Symbolik der Form, 
in welcher Gegensätze und Prinzipe, die im Barbarenthum ein- 
ander ausschliessen und bekämpfen, in freiestem Zusammenwirken 
und zu schönster reichster Harmonie sich verbinden. Wie will 
man diesen höheren Sinn erfassen , wie lässt sich die hellenisehe 
Form, die sekundäre, zusammengesetzte, verstehen, ohne vor- 
herige Kenntniss jener traditionellen und in gewissem Sinng 
naturgesetzlichen Bestandtheile derselben in ihrer ursprünglich 
tellurischen Bedeutung "P Diese muss verangesehiekt werden ehe 
wir uns dem höheren aber abgeleiteten Sinne welchen ihr die 
Hellenen beilegten zuwenden. 
Unter diesen alt-überlieferten formalen Elementen der helle- 
nischen Kunst ist keines von so tief greifender Wichtigkeit wie 
das Prinzip der Bekleidung und Inkrustirung, welches 
die gesammte vorhellenische Kunst beherrscht und in dem grie- 
chischen Stile keineswegs abgeschwächt oder verkümmert son- 
dern nur in hohem Grade vergeistigt und mehr im struktiv- 
symbolischen denn im struktiv-teehnischen Sinne, der 
Schönheit und der Form allein dienend, fortlebt. 
Der nähere Aufschluss dieses Gegensatzes wird erst im Ver- 
laufe dieses Artikels erfolgen können, der eben das wichtige 
Prinzip der Bekleidung und der Inkrustirung als Element der 
bildenden Künste zu besprechen hat. 
Das Werk des grössten französischen Kunstforschers und Ken- 
ners der Antike, Quatremere de Quincy's Jupiter Olympien, war 
nahe daran eine für das Verstehen der antiken Kunst in ihrer 
Gesammtheit im hohen Grade wichtige Frage zu lösen, ja es löst 
sie zum Theil, obschon nicht allgemein und prinzipiell genug, für
	        
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