Volltext: Die textile Kunst für sich betrachtet und in Beziehung zur Baukunst ; mit 125 in den Text gedr. Holzschn. und 15 farb. Tondrucktaf (Bd. 1)

XIII 
Ausführbarkeit, der zweifelhaften Einträglichkeit, der Auslagekosten, oder 
dergleichen äussert. 
Dazu kommt die drückende Stellung solcher technischen Künstler, 
erstens gegenüber der kunstakademischen Hierarchie, die sie zu- 
rücksetzt, zweitens gegenüber der Firma, die die Ehren des Erfolgs für 
sich allein in Anspruch nimmt und aus Eifersucht des Künstlers Namen 
selten oder niemals nennt, der doch das Werk hervorbrachte, oder we- 
nigstens die geistige Arbeit dazu lieferte, drittens dem Publikum ge- 
genüber, das die Vorurthoile der Akademie theilt und den sogenannten 
dekorativen Künsten wenig Ehre zollt. 
Von Zeit zu Zeit war es der Fall dass solche die sich zur hohen 
Kunst bekennen, Maler, Architekten und Bildhauer von Namen, berufen 
wurden sich bei der Kunstindustrie zu betheiligen, wie z. B. Wedgwoods 
berühmte Fayenqen zum Theil nach Flaxmanns Modellen und Zeichnungen 
entstanden sind. Auch in der Poreellanmanufactur zu Sevres sind Künstler 
von Bedeutung beschäftigt, die sich von dem Einilusse der Mode und der 
Rücksicht auf Absatz einigermassen frei halten.  Allein diesem Ein- 
flusse von der Höhe der akademischen Kunst herab fehlt nicht selten 
der praktische Boden, denn der geschickte geniale Zeichner und Model- 
leur ist weder Erzarbeiter, noch Töpfer, noch Teppichwirker, noch Gold- 
schmied, wie diess öfter der Fall war ehe die Akademien die Künste 
isolirten. S0 werden denn oft die nach den Angaben dieser Männer 
ausgeführten Erzeugnisse, weil die Leistung hinter der Intention 
zurüekbleibt und dem Stoff Gewalt geschieht, damit des Künstlers Ab- 
sicht, die ihm Unausführbares zumuthet, halbweg erfüllt werde, ihrem 
anspruchvollcn Auftreten nicht entsprechen, wenig zu der Hebung der 
industriellen Künste beitragen. 
Mit der Baukunst als solcher ist es ungefähr dasselbe, seitdem die 
Spekulation und die Mechanik sich auch ihrer bemächtigten, wie sie die 
technischen Künste unter sich brachten. Der Architekt ist des Oeftern 
nur I10Ch unmassgcblicher Geschmaeksrath, hat von der Ausführung 1 
Weder Ehre noch Vortheil zu erwarten. 
Wenn sich der indirekte Einfluss der Wissenschaft auf die Gestal- 
tung unserer modernen Kunstzustände auf die angedeutete Weise kund 
gibt, so befßSSt sie sich zugleich mehr als je vorher der Fall War mit 
der Kunst als ihrem eigentlichen Objekte. Der in täglich sich mehren- 
den Schriften und illustrirten Werken über Kunst und alles darauf 
' Das Konkurrenzwesen, wie es jetzt überall eingerissen ist, leistet dieser 
unseligen Trennung der Architektur als Kunst von der ausübenden Praxis den 
grössten Vorschub und ist (in seiner jetzt bestehenden Modalität wenigstens) 
eins der thätigsten Agentien des Verfalls.
	        
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