Textile Kunst.
Processe.
Färben.
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hohen Grade der Vollkommenheit zu bringen und diesen Vorrang
zu behaupten. Der geeignetste Stoff für Purpurfärbung war die
Wolle, doch gelangte man auch dahin (las Linnen, die Baum-
wolle und die Seide mit Purpur zu Farben. Man präparirte die
Wolle zuerst mit dem Safte des buccinum und tauchte sie her-
nach in den Saft der purpura, dieses gab den gefeierten Ame-
thystpurpur; oder man verfuhr umgekehrt und erreichte dann die
prachtvolle Farbe des dichten Bluts, den Ruhm und Stolz der tyri-
sehen Färbereien l So gefärbte Stoffe hiessen purpurae dibaphae.
Diesen beiden königlichen und geheiligten Purpursorten und dem
unäehten, (ungemischt fast nur zu Fälschungen verwandten)
buccinum, stand das generelle Conchylum gegenüber, wel-
ches alle helleren, bläulichen und gelben Töne umfasste. Der
Process des Färbens war ziemlich einfach, so viel sich aus der
Hauptstelle darüber bei Plinius l. e. entnehmen lässtl Doch gab
es dabei eine Menge Handgriffe, besonders um den Grad zu be-
stimmen bis zu welchem die Farbe eingekocht werden musste.
Zu den gelblichen, bläulichen und grünlichen Ohonchylium-
lfßarben wandte man in Verbindung mit dem Purpursafte die ver-
schiedenen Seegrasarten und sonstige Produkte des Meeres an,
wie diess die oben citirte Andeutung des Plinius bestätigt.
Die zweite, dem Purpur gegenüber stehende grosse Gattung
der Färberei ist die vegetabilisch e, (colores herbaceaa) die
vielleicht besser mit einem anderen Ausdrucke des Plinius die
terrenische heisst, weil auch Thiere, z. B. die Kermesivürrner,
dabei als Farbe benützt werden und der Gegensatz gegen die
früher genannte Gattung der Färberei mit Seeprodukten sich so
besser ausspricht. Auch diese terrenischen Farben behielten
' Vergl. über den Purpur der Alten: Amati, de restitutione purpurarum
(3. Ausgabe, Cesena 1784.) mit angehängten Abhandlungen von Capelli, de
antiqua et nupera purpura, und Don Micbaele Rosa, dissertazionedelle porpore
e delle materie vestiarie presso gli antiehi 1786. Heercns Ideen. 1. Theil
2. Abth. p. 88. A. Th. Hartmann, die Plebräerin am Putztisch etc. Th. 1.
S. 367. A. Schmidt. Die griechischen Papyrusurkunden der königl. Biblio-
thek zu Berlin. , Berlin, 1842. In Beziehung auf Lesung und Auffassung
des leider korrumpirten Textes der Plinenischen Notiz über die Sorten der
Purpurfarben und ihre Bereitung treffe ich nicht in allen Punkten mit IIerm
A. Schmidt zusammen. Doch haben diese Fragen keinen weitern Bezug zu
dem von mir im Texte aufgestellten ästhetischen Prinzip, um dessen Dar-
legung es mir hier alleinig zu thun war, wesshalb ich sie hier nicht berühre,
aber in den Schlussbemerkungen zu diesem Hauptstück darauf zurükkomme.