Textile
Kunst.
Processe.
Färben.
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fertige Fabrikat, z. B. der zum Tragen fertige Chiton oder Peplos,
in den Farbekessel gesteckt.
Bei den Aegyptern war es sogar üblich die lebendige Wolle
auf den Schafen mit kostbarem Purpur zu färben, wobei es un-
entschieden bleibt ob sie dabei nur ausserliche Färbemittel an-
wandten oder ob das Futter das man den Schafen gab dabei
mitwirkte. Jedenfalls sehen wir hieraus, dass sie die rohe unge-
bleiehte Welle färbten und diese musste dem Farbestoffe eine
besondere nhue" ertheilen, einen Naturhauch, der sonst unnach-
ahmlieh ist und mit dem lman selbst die reichsten und reinsten
Pigmente auf recht ratfinirtem Naturwege brechen zu müssen
glaubte. Dasselbe geschah mit Baumwolle und Seide; selbst das
Weiss wurde als eine besondere Färbung betrachtet und ward
wahrscheinlich niemals bis zum Extrem geführt sondern behielt,
so wie das Schwarz, stets einen AnHug von Farbe nach einer
oder der anderen Seite hin. Das Weiss War ihnen das uner-
reichbare Extrem aller Farben nach dem Pole der Verdünnung,
das Schwarz dasjenige nach dem Pole der Verdichtung und Con-
centration. In beiden liefen alle Töne zusammen, aber man
wollte sie nicht erreichen. Daher gehört das VYeiss zu den Pur-
purfarben, so wie das Schwarz.
Plinius Führt mehrere Schaafserten auf die durch die Natur-
farbe ihrer Wolle berühmt Waren, die spanischen waren schwarz,
die von den Alpen Weiss, die erythräischcn und bätischen reth,
die kanusischen gelb, die tarentinischen gelblich. Man verwandte
ihre Wolle zu Prachtgewändern und nur die schwarze liess man
ungeFarbt.
Doch auch die färbenden Stoiie behielten ihr Eigenthümliches,
man mühte sich nicht ab den reinen Färbestof aus ihnen heraus-
zuziehen sondern nützte sie mit ihrem Beigesehmacke, ihrem
„goüt de pierre a fusil", den die Natur ihnen gab. Dabei waren
die Mittel der Färbung die einfachsten, obschon, wie oben durch
ein Beispiel gezeigt wurde, die chemischen Einflüsse der Säuren
Salze und Kalien nicht unbekannt und ungenützt blieben.
Zwei grosse Schattirungen oder Farbentonarten beherrschten
die gesammte antike Chromatik und zwar seit den frühesten vor-
geschichtlichen Zeiten. Die eine von diesen grossen Hauptgattungen
der lilärberei hatte ivahrscheinlieh zur Basis das Jodmetall, wie die-
ser prachtvolle lilärbestoff durch die verschiedenen Organismen des