Volltext: Die textile Kunst für sich betrachtet und in Beziehung zur Baukunst ; mit 125 in den Text gedr. Holzschn. und 15 farb. Tondrucktaf (Bd. 1)

Kunst. 
Textile 
Processe. 
Färben. 
203 
weit mehr wusste als unser renommirtester Manufakturist und 
Dampfkesselfalrber, 0b ihm nicht alle die Geheimnisse der Natur 
die wir enthüllten und für den genannten Zweck anwandten 
schon bekannt waren und er sie wohl zu benützen verstand, ob- 
schon er sich _von den Wirkungen die er beherrschte die (für 
uns) lächerlichsten Erklärungen machte. Plinius erzählt uns mit 
deutlichen Worten dass die Aegypter die Kunst verstanden 
durch verschiedene Beitzen die man auf die gewebten Stoffe auf- 
trug, so dass sie unsichtbare Muster bildeten, diese Stoffe so zu 
präpariren dass sie bunt- und mehrfarbig gemustert aus dem 
Färbekessel, in den man sie nur momentan eintauchtc, herausge- 
hoben wurden: nmirumque cum sit unus in cortina colos, ex 
illo alius atque alius fit in veste, accipientis medicamenti quali- 
tate mutatus, nec postea ablui potest: Ita cortina non dubie con- 
fusura colores si pictos iacciperet. 4 
Etwas Aehnliches, ein kombinirtes Drucken und Farben mit 
den verschiedensten und zugleich naturgemäss innigst verwand- 
ten Farben, haben unsere Farbenkünstler doch noch nicht zu 
Stande gebracht. 
Doch nicht in den Raiiinerieen der Praxis bestand diejenige 
Meisterschaft der Alten in der Ausschmückung ihrer Gewänder 
und sonstigen Steife durch Farben für welche sie meiner Ansicht 
nach unsere Bewunderung am meisten verdienen; sie zeigte sich 
vielmehr in der klaren Durchführung gewisser einfacher Stilprin- 
zipien auf welche sie eine Farbcnmusik begründeten die der 
Musik ihrer Formen durchaus homogen war und deren Akkorde 
in letztere auf das Wunderbarste ergänzend eingriffen.  
Unsere moderne Schönfarbekunst zeigt sich auf ihrer Höhe 
in dem Präpariren farbiger Garne von Wolle, Linnen, Baumwolle 
oder Seide, sie überlässt den Webern und sonstigen Fabrikanten 
die so praparirten Fäden zu beliebiger Auswahl und Benützung; 
sie sucht dabei den abstrakten Farben in ihrer absoluten Rein- 
heit möglichst nahe zu kommen und sie durch alle Abstufungen 
der Intensitäten und durch alle Schattirungen und Nuancen der 
Uebergänge hindurch zu führen. Der Absolutismus dieses Systems 
weiss nichts von Einflüssen welche der Stoff, noch weniger von 
solchen, welche die Bestimmung der Waare auf dasselbe ausüben 
könnten, höchstens wird anerkannt dass ein Stoff, z. B. Baum- 
' Plin. H. M. XXXV. 2.
	        
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