lbxtile
Kunst.
Stoffe.
Seide.
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Es liesse sich noch manche andere technisch-ästhetische Be-
merkung über den in Rede stehenden prachtvollen Stoff hinzu-
fügen, rniissten wir nicht im Auge behalten, dass wir die Klein-
künste nur in ihren näheren und entfernteren Beziehungen zu
den hohen Künsten und vornehmlich zu der Baukunst berück-
sichtigen dürfen.
Sammt.
Den Gegensatz zum Atlas bildet der Sammt und doch ist
er zugleich mit jenem ein glückliches Resultat wohlverstandcner
technischer Ausbeutung der Eigenthünwliehkeiten des in Rede
stehenden Faserstoffs, der Seide nämlich.
S0 wie die Seidenfäden, der Länge nach betrachtet, das glän-
zendste Gespinnst (mit Ausschluss der Metallfäden) sind, ebenso
absolut glanzlos, d. h. lichtabserbirend oder vielmehr die Theilung
der Lichtstrahlen in aufgenommenes und reflektirtes Licht ver-
hindernd, ist eine Oberfläche, die dadurch gebildet wird , dass
unendlich viele querdurchschnittene Seidenfaden aufrecht neben-
einander stehen, wie dieses beim kurzgeschorenen Sammt der
Fall ist.
Im Anfange, bei der ersten Enstehung sammtähnlicher Fabri-
kate, scheint man diese lichtabsorbirende Eigenschaft der Durch-
schnittsiiächen der Scidenfäden noch nicht als Moment eines be-
sonderen Seidenstoffstiles erkannt und benützt zu haben, vielmehr
bezweckte man Aehnliches wie bei dem Atlas, nämlich durch
horizontal nebeneinander gelegte lange Enden von Seidenfatlen,
auf deren (zylindrischen Oberflächen sich das Licht brach und re-
flektirte, ein möglichst stoffhaltiges und glänzendes Seidenzeug
liervorzubringeii". Diese ältesten, dem Plüsch ähnlichen Stoffe
waren Atlas von vielfadigem Einschlag, dessen Fäden zur Hälfte
oder zum Theil zerschnitten wurden, damit sie als lose Enden
ein weiches langhaariges Flies bildeten. Dergleichen Stoffe in
Wolle sind bereits den alten Römern bekannt gewesen und Wer-
den als Spezialität der damaligen gallischen Wellenindustrie von
Plinius 'und anderen alten Autoren oft crwäthnt.
Die ältesten noch erhaltenen Sammtgewcbc, deren Herr Bock
in seinem oft angeführten Werke mehrere beschreibt, sind gfögstcn-