Volltext: Die textile Kunst für sich betrachtet und in Beziehung zur Baukunst ; mit 125 in den Text gedr. Holzschn. und 15 farb. Tondrucktaf (Bd. 1)

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Hauptstück. 
Viertes 
ich nicht ob über den Ursprung und die erste Einführung dieses 
schönen Gewebes in Europa irgend etwas Gewisses bekannt sei. 
Meine eigenen Bemühungen in dieser Beziehung mir eine feste 
Ansicht zu schaffen waren erfolglos. Mir hat dieses Produkt in- 
dessen vor allen anderen Seidenstoifen etwas acht Chinesisches 
oder Indisches, je nach der Spezialität seiner Behandlung. 
Die Plattstickerei , das opus plumarium, ist in jenen Ländern 
bis zu einer besonderen Kunst vervollkommnet die das Mittel 
hält zwischen Plastik und Malerei oder vielmehr beides zugleich 
ist, (worüber in dem Folgenden noch anderweitig die Rede sein 
wird,) und diese hohe Ausbildung der in Rede stehenden Technik, 
zu welcher sie nur durch tausendjährige Praxis und Erfahrung 
gelangen konnte, zeugt von dem Alter und dem wahrschein- 
lichen Ursprünge derselben in jenen östlichen Ländern. Nun ist 
der Atlas, wie ich überzeugt bin, eine Nachahmung der Platt- 
stickerei in Seide durch den Webstuhl und bleibt es selbst 
wenn er den Grund bildet und sich gewisse Muster am- 
weder gleichfalls in der Weise des Atlas oder in anderer Textur 
auf demselben abheben. Hierauf begründet sich meine Ansicht 
vom Ursprung der in Rede stehenden Webearbeit aus China 
oder Indien. Dass dieser Stoff frühzeitig seinen Weg nach Persien 
und dem Euphratthale fand glaubte ich an den skulptirten Ge- 
wandfiguren des Thales von Murgaub zu erkennen (siehe oben). 
Wann derselbe nach Europa herübergekommen sei ist schwer zu 
sagen. Es wurde bereits enzvähnt dass die ältesten in christlicher 
Zeit in Europa eingeführten oder dort fabrizirten Seidenstoffe, so 
viel sich aus den erhaltenen Üeberresten schliessen lässt, durch- 
gängig einfache Kreuzgewebe oder geköperte Levantine von sehr 
starker Textur sind. Doch zeugen sehr alte gestickte Messge- 
wander, deren Grund aus Atlas besteht und von denen Herr 
Bock in seinem Buche mehrere erwähnt, dass dieser Stoff wahr- 
scheinlich schon mit dem 7. oder 8. Jahrhunderte und gleichzeitig 
mit den bereits besprochenen neubabylonischen Thierstoifen in 
Europa eingeführt und vielleicht auch in den oströmischen Fabrik- 
orten schon nachgemacht worden sei. 
Ich habe unter den verschiedenen Benennungen für Seiden- 
stoffe, die im Anastasius und sonst so zahlreich vorkommen und 
meistens über deren richtige Deutung zweifelhaft lassen, eine aufzu- 
finden gesucht, welche für den in Rede stehenden Stoff am bezeich-
	        
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