Textile Kunst.
Stofe.
Seide.
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wirkereien und Stickereien werden noch einige historische N0-
tizen später nachfolgen.
Irgend ein gründlicher Kenner der Rohwolle sollte sie nicht
bloss in ihren chemischen und mikroskopischen Eigenschaften,
sondern besonders in dem, was sich meistens diesen wissenschaft-
lichen Experimenten entzieht und auf indeiinirbaren Eigenthümlieh-
keiten des Erscheinens der Stoffe beruht (die richtig zu erkennen
und in ihren wahren Bedeutungen zu schätzen und zu beurtheilen
eine ebenso sehr künstlerische wie wissenschaftliche Auffassung er-
forderlich ist), einer Untersuchung und Vergleichung unterwerfen,
und in einer Monographie dasjenige dem Techniker und Fabri-
kanten praktisch-lehrreich entwickeln, was ich hier, aus Mangel
an gründlicherer YVaarenkeni1tniss' und zugleich in Berücksich-
tigung des Programmes, das ich mir stellte, nur andeuten kann.
Dasselbe gilt von dem letzten Iilaserstoffe, der mir jetzt noch
zur Besprechung übrig bleibt, nämlich der Seide.
Die
Seide.
Der
Seidenstil
ungriechisch.
Nach der Versicherung des Hrn. Stanislas Julien, der die In-
dustrie der Chinesen zum Gegenstande seiner gemeinnützigen
' Es liegt nicht in der Aufgabe dieses Buches, eine geschlossene
und detaillirte Technologie und Geschichte der Seidenmanufaktur zu geben,
wesshalb bei den folgendenyßetrachtungen über die Seidenstoffe, wie sie
sich in ästhetischer Beziehung aus den Eigenschaften des Rohmateriales ver-
schiedentlich entwickelten, eine gewisse Bekanntschaft mit ersteren vorans-
gesetzt und der Leser aufgefordert wird, die bezüglichen, bereits notirten
Bücher nachzusehen, unter denen für den mehr künstlerischen Theil dieses
Studiums, das gleichfalls schon angeführte noch nicht vollständig erschie-
nene Werk des Herrn F. Bock gewiss verdient hervorgehoben zu werden.
Man darf die Entwicklungsgeschichte der Seidenmanufaktur auf dem west-
lichen Theile der alten Welt in 5 Hauptperioden eintheilen, nämlich die latei-
nische, die persisch-byzantinische, die sarazenisch-romantisehe, die gothische
und zuletzt die Renaissance-Periode.
Jene erstere, die lateinische nämlich, berührt die Grenzen des Heiden-
thums und mag bis in das 7. und 8. Jahrhundert hinab für einzelne Erschei.
nungen ausgedehnt werden. Die Stoffe dieser Periode waren leicht, und
erinnerten weit mehr an indische Vorbilder, denn an den Stil, der seit Urzei-
ten in Westasien (Assyrien, Persien, Phrygien, Phönizien etc.) seinen Sitz hatte,
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