Textile
Kunst.
Stoffe.
Wolle.
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Dass auch bei den Aegyptern die Wollenmanufaktur und die
Teppichwirkerei in grossartigem Umfange seit den ältesten Zeiten
betrieben ward, erhellt schon aus den Nachrichten der Bibel.
Die Teppiche und Decken der Stiftshütto waren wahrscheinlich
härene, mit Stickereien von farbigen Wollenfäden oder von Gold-
draht ausgeschmiickte Zeuge. Dass manche der buntfarbigen
Obergewänder und Teppiche auf ägyptischen Gemälden und
Skulpturen wollene Zeuge darstellen sollen, ist nicht zu bezwei-
feln, obschon sich keine Ueberreste derartiger Stoffe meines Wis-
sens erhalten haben, und man weiss, dass letztere hauptsächlich
nur von der ärmeren Klasse getragen wurden, es den Priestern
strenge verboten war, thierische Stoffe auf blossem Leibe zu füh-
ren und sie Wollengewänder nur als Ueberwurf benützen durften. 1
Ohne Zweifel deuten die prachtvollen Muster und Farben der
dargestellten Vorhänge und Teppiche darauf hin, dass hier wol-
lene, gestickte und gewirkte Stoffe gemeint sind. Nach Strabo
(XVII. p. 559) war Chemnis der Hauptort der ägyptischen Wollen-
manufaktur und behielt es seinen Ruf bis zu der Eroberung Aegyp-
tens durch die Römer.
Die besondere Eigenschaft des Filzens der Wolle wurde gleich-
falls schon frühe bei den genannten Völkern zu industriellen
Zwecken benützt, besonders für Kopfbedeckungen (der rothe
orientalische Fess ist uralt und hat sein Vorbild in der assyri-
schen gleichfalls purpurrothen Mitra), Fussteppiche und Fussbe-
kleidungen. Das Grabmal des Kyros war mit Purpurdecken oder
gefilzten Teppichen aus Babylon belegt. 2 DemetriosPoliorketes trug
purpurne Filzsohlen mit reichen Goldstickereien vorne und hinten. 3
Das Land der Wunder, Indien, fertigte und versandte seine
Cashmirshawls schon in den ältesten Zeiten; wahrscheinlich hat
dieses köstliche Wollenprodukt seit Tausenden von Jahren keine
wesentliche Veränderung der Fabrikation und des Stiles erlitten.
Im Ramajana werden unter den Hochzeitsgeschenken des Königes
von Videha an seine Tochter Sita wollene Tücher, Pelzwerk,
Edelsteine, weiche Seide und vielfarbige Kleider, Schmuck u. s. w.,
auch grobe wollene Zeuge oder Teppiche, die über die Wagen
gespannt wurden, erwähnt. Die wollenen Tücher können
' Herod. II. 81.
2 Xenoph. und Arrian VI.
3 Athenaeus XII. 536.