Volltext: Die textile Kunst für sich betrachtet und in Beziehung zur Baukunst ; mit 125 in den Text gedr. Holzschn. und 15 farb. Tondrucktaf (Bd. 1)

Textile 
Kunst. 
Stoffe. 
Wolle. 
139 
Dass auch bei den Aegyptern die Wollenmanufaktur und die 
Teppichwirkerei in grossartigem Umfange seit den ältesten Zeiten 
betrieben ward, erhellt schon aus den Nachrichten der Bibel. 
Die Teppiche und Decken der Stiftshütto waren wahrscheinlich 
härene, mit Stickereien von farbigen Wollenfäden oder von Gold- 
draht ausgeschmiickte Zeuge. Dass manche der buntfarbigen 
Obergewänder und Teppiche auf ägyptischen Gemälden und 
Skulpturen wollene Zeuge darstellen sollen, ist nicht zu bezwei- 
feln, obschon sich keine Ueberreste derartiger Stoffe meines Wis- 
sens erhalten haben, und man weiss, dass letztere hauptsächlich 
nur von der ärmeren Klasse getragen wurden, es den Priestern 
strenge verboten war, thierische Stoffe auf blossem Leibe zu füh- 
ren und sie Wollengewänder nur als Ueberwurf benützen durften. 1 
Ohne Zweifel deuten die prachtvollen Muster und Farben der 
dargestellten Vorhänge und Teppiche darauf hin, dass hier wol- 
lene, gestickte und gewirkte Stoffe gemeint sind. Nach Strabo 
(XVII. p. 559) war Chemnis der Hauptort der ägyptischen Wollen- 
manufaktur und behielt es seinen Ruf bis zu der Eroberung Aegyp- 
tens durch die Römer. 
Die besondere Eigenschaft des Filzens der Wolle wurde gleich- 
falls schon frühe bei den genannten Völkern zu industriellen 
Zwecken benützt, besonders für Kopfbedeckungen (der rothe 
orientalische Fess ist uralt und hat sein Vorbild in der assyri- 
schen gleichfalls purpurrothen Mitra), Fussteppiche und Fussbe- 
kleidungen. Das Grabmal des Kyros war mit Purpurdecken oder 
gefilzten Teppichen aus Babylon belegt. 2 DemetriosPoliorketes trug 
purpurne Filzsohlen mit reichen Goldstickereien vorne und hinten. 3 
Das Land der Wunder, Indien, fertigte und versandte seine 
Cashmirshawls schon in den ältesten Zeiten; wahrscheinlich hat 
dieses köstliche Wollenprodukt seit Tausenden von Jahren keine 
wesentliche Veränderung der Fabrikation und des Stiles erlitten. 
Im Ramajana werden unter den Hochzeitsgeschenken des Königes 
von Videha an seine Tochter Sita wollene Tücher, Pelzwerk, 
Edelsteine, weiche Seide und vielfarbige Kleider, Schmuck u. s. w., 
auch grobe wollene Zeuge oder Teppiche, die über die Wagen 
gespannt wurden, erwähnt. Die wollenen Tücher können 
' Herod. II. 81. 
2 Xenoph. und Arrian VI. 
3 Athenaeus XII. 536.
	        
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