Volltext: Die textile Kunst für sich betrachtet und in Beziehung zur Baukunst ; mit 125 in den Text gedr. Holzschn. und 15 farb. Tondrucktaf (Bd. 1)

Alle ästhetischen Eigenschaften des Formal-Schönen sind daher auch 
kollektiver Natur; wie Harmonie, Eurhythmie, Proportion, Symmetrie u. s. w. 
Die Stillehre dagegen fasst das Schöne einheitlich, als Produkt 
oder Resultat, nicht als Summe oder Reihe. Sie sucht die Bestandtheile 
der Form die nicht selbst Form sind, sondern Idee, Kraft, Stoff und 
Mittel; gleichsam die Vorbestandtheile und Grundbedingungcn der Form. 
Dieser Weg durch das Gebiet der Kunst führt auf die grössten 
Schwierigkeiten und im besten Fall nur zu einem Ergebnisse voll von 
Lücken, leeren Rubriken und Irrthiimern; aber das ordnende und ver- 
gleichende Verfahren welches bei diesem Streben nöthig wird. um das 
Verwandte zu gruppiren und das Abgeleitete auf das Ursprüngliche und 
Einfache zurückzuführen, wird wenigstens die Uebersicht über ein weites 
noch meist brachlicgendes und andern zur Bearbeitung vorbehaltenes 
Feld des Wirkens erleichtern und schon in so fern nicht ganz nutzlos 
bleiben. 
Unsere Aufgabe umfasst auch dasjenige was v. Rumohr passend den 
Haushalt der Künste nannte, indem er sich darunter freilich zu- 
nächst nur den ordnenden und zugleich dienend sich unterordnenden An- 
theil der Baukunst an dem Siehgestalten der Werke hoher Kunst, der 
Skulptur und der Malerei, dachte. Die Baukunst wird, sowohl in diesem 
ihrem Verhältniss zu der bildenden Kunst im Allgemeinen, wie auch für 
sich, ein Hauptgegenstand unserer Betrachtungen sein.  Aber jene 
höheren Regionen der Kunst bezeichnen nur die eine äusserste Grenze 
des zu behandelnden Gebietes, bei dessen Eintritt wir jenen einfacheren 
Werken_ der Kunst begegnen, an welchen diese sich am frühesten be- 
thätigte, ich meine den Schmuck, die Waffen, die Gewebe, die Töpfer- 
werke, den Hausrath, mit einem Wort die Kunstindustrie, oder das was 
man auch die technischen Künste nenntß Auch diese sind in unserer 
Aufgabe, und zwar in erster Linie, enthalten;  zunächst weil die ästhe- 
tische Nothwendigkeit, von der es sich handelt, gerade an diesen ältesten 
und einfachsten Erfindungen des Kunsttriebes am klarsten und fasslich- 
Sten hervortritt; zweitens weil sich an ihnen bereits ein gewisser Gesetz- 
kodex der praktischen Aesthetik typisch festgestellt und formulirt hatte, 
V 01' der Erfindung der monumentalen Kunst, die von ihnen, wie gezeigt 
werden wird, eine bereits fertige Formensprache entlehnte, und auch in 
anderer ganz unmittelbarer Weise ihrem Einflusse gehorcht; drittens 
aber und vornehmliehst, weil jene von der Kunstgelahrtheit so quali- 
1 Ein Ausdruck der durch seinen Pleonasmus die Verkehrtheit der mo- 
dernen Kunstzustände, wonach eine weite, den Griechen unbekannte, Kluft 
die sogenannten Kleinkünlste und die ebenfalls sogenannten hohen Künste 
trennt, treffend genug bezeichnet, wesshalb ich ihn beibehalte.
	        
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